Wattenmeer-Mauser

200.000 Brandgänse mausern sich zurzeit an der Nordseeküste vor Dithmarschen  ■ Von Heike Wells

Das schleswig-holsteinische Wattenmeer gehört derzeit ganz den Vögeln. Denn nicht etwa in der Hauptzugphase im Frühjahr, sondern jetzt im Spätsommer ist die vogelreichste Zeit an der Westküs-te: Insgesamt bis zu 1,5 Millionen Tiere halten sich im Watt auf, wenn sich die aus den arktischen Brutgebieten zurückkehrenden Zugvögel zu den einheimischen Brütern gesellen.

Im Watt vor Dithmarschen mausern rund 200.000 Brandgänse, berichtet der Vogelexperte Klaus Günther vom WWF-Projektbüro Wattenmeer in Husum (Kreis Nordfriesland).

Die Mauser ist für die Brandgänse eine stressreiche Zeit, denn sie wechseln ihr komplettes Federkleid. Das kostet Energie, macht sie flugunfähig und besonders anfällig für äußere Störungen. Wenn die Flut kommt, sind die riesigen Schwärme auf dem Wasser dümpelnder Gänse deutlich vom Festland aus zu sehen.

Weniger bekannt als das spektakuläre Naturphänomen der Brandgansmauser ist die Tatsache, dass auch Watvogel, von Vogelkundlern Limikolen genannt, zur Mauser an die schleswig-holsteinische Nordseeküste kommen. Der Großteil der hier vorkommenden Arten wechsele zwar „nur“ die Handschwingen, erläutert Klaus Günther, dennoch sind auch sie für mindestens drei Wochen bei ihrer Mauser im Watt zu beobachten.

Knutts und Strandläufer gehören zu den Limikolen, die ohnehin einen erheblichen Teil des Jahres im nahrungsreichen Wattenmeer verbringen – im Frühjahr auf dem Weg von den Überwinterungs- in die Brutplätze und noch einmal im Spätsommer auf dem Rückweg.

Zu den frühen Rückkehrern aus den nordischen Brutgebieten zählen Rotschenkel, Grünschenkel und dunkle Wasserläufer: Sie kommen ab Mitte Juli und rüsten sich schon jetzt für den Weiterflug gen Afrika.

Den Weg nach Süden werden bald auch viele der Jungvögel einschlagen, die im Verlauf des Sommers im Nationalpark Schleswig- Holsteinisches Wattenmeer und seinem Umfeld geboren wurden. Möwen und Seeschwalben, Aus-ternfischer und Rotschenkel zählen zu den heimischen Brutvogelarten. Insgesamt ziehen zwischen Elbmündung und dänischer Grenze etwa 100.000 Brutpaare zwei Junge pro Jahr groß.