Frühstück ohne Castor

Umweltschützer verzögern Atommülltransport von Biblis nach La Hague nur kurz

FRANKFURT/M. taz ■ Zu einem Event mit dem schönen Namen „Frühstück statt Castor“ hatte das Regionalplenum „HessenBaden“ der Initiativen gegen Atomanlagen für Mittwoch um 8 Uhr an den Bahnhof von Biblis geladen. Eine Protestaktion gegen den für diesen Zeitpunkt angekündigten „Entsorgungszug“ (so der Atomkonzern RWE) sollte inszeniert werden.

Doch als die rund zwanzig hungrigen Atomkraftgegner gestern Morgen kamen, war der Castor schon lange weg. So gab’s zwar auch ein „Frühstück statt Castor“, aber anders als geplant: nämlich ganz ohne Castor. Und die Polizisten grinsten breit. Im weiteren Verlauf der Fahrt konnten Protestierende den Zug zwar immer wieder aufhalten, aber mittags rollte er denn doch bei Saarbrücken über die deutsch-französische Grenze.

Der Transport mit einem Behälter abgebrannter Brennelemente aus Block B der RWE Power AG auf dem angehängten Waggon war schon um 6 Uhr gestartet. Er sollte die Elemente über Mannheim, Kaiserslautern, das Saarland und die Grenzstadt Forbach nach La Hague in die französische Wiederaufbereitungsanlage (WAA) transportieren.

Die Atomkraftgegner der Umweltschutzorganisation Greenpeace hatten sich nicht an der Nase herumführen lassen und sich von vornherein nicht an dem von RWE und Bahn AG bekannt gegebenen Zeitpunkt der Abreise orientiert. Bereits am Dienstagabend hatten sie sich an die Bahngleise zwischen dem AKW und dem Bahnhof in Biblis gekettet. Ihre Arme steckten – an Handschellen gefesselt – in Metallröhren, die sie unter die Gleise geschoben hatten.

Beamte der hessischen Bereitschaftspolizei rückten umgehend mit Schweißgeräten und Zangen an. Und nur eine Stunde später war die Strecke wieder frei. Die Nacht mussten die 14 Aktivisten von Greenpeace in Polizeigewahrsam verbringen. Sie wurden erst nach der Abfahrt des Zuges wieder freigelassen – zum Frühstück mit den anderen Atomkraftgegnern.

In Mannheim besetzten vier Atomkraftgegner die Gleise am Hauptbahnhof. Dort wurde der Waggon mit dem Castor an einen „normalen“ Güterzug angekoppelt. Die Polizei beendete die Aktion auch hier und nahm die Atomkraftgegner vorübergehend in Gewahrsam. Schon in der Nacht hatten sie drei Personen vorübergehend festgenommen, die „Handschellen und Gurte mit sich geführt“ hätten, so ein Polizeisprecher gestern. Mit den Utensilien hätten sich die Personen „offenbar an die Gleise ketten wollen“.

Die gestern größte Gruppe von Atomkraftgegnern kam in Homburg/Saar zusammen. Rund dreißig andere Demonstranten waren dabei, als sich wiederum zwei Menschen unter den Schienen anketteten. Letztere wurden nach Angaben der südwestdeutschen Anti-Atom-Initiativen beim Eingreifen der Polizei leicht verletzt.

Mit dem Transport will RWE Platz im vollen Abklingbecken schaffen. Für den September ist ein Wechsel der Brennelemente im Block B avisiert.

KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT