Lösung für Bootsflüchtlinge in Sicht

Das UNO-Flüchtlingshilfswerk UNHCR sucht jetzt Aufnahmeländer für die vor Australien festsitzenden Boatpeople

FREIBURG taz ■ Im Flüchtlingsdrama vor der australischen Weihnachtsinsel hat gestern das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR die Initiative für eine politische Lösung ergriffen. In Genf berieten Vertreter von Australien, Norwegen und Indonesien einen Dreipunkteplan des UNHCR.

Danach dürfen die mehr als 400 Flüchtlinge, die sich seit fünf Tagen an Bord des norwegischen Frachters „Tampa“ befinden, auf der Weihnachtsinsel an Land gehen. Dort würden die australischen Behörden oder UNHCR-Vertreter feststellen, wer einen Asylanspruch hat. Anschließend würde UNHCR die anerkannten Flüchtlinge in Aufnahmeländer vermitteln.

Die in Genf beteiligten Staatenvertreter beraten diesen Plan mit ihren Regierungen. Ein konkreter Zeitplan wurde nicht vereinbart, sagte gestern eine UNHCR-Sprecherin, aber im Interesse der Flüchtlinge erwarten wir die Antworten „so schnell wie möglich“. Nach australischen Angaben befinden sich auf der Tampa neben der norwegischen Besatzung 433 Flüchtlinge aus Afghanistan, Pakistan und Sri Lanka sowie sechs Mitglieder der indonesischen Fähre, von der die Flüchtlinge am Sonntag gerettet wurden.

UNHCR hat unterdessen begonnen, Aufnahmeländer für die Flüchtlinge zu suchen. Zusagen gibt es von Norwegen und Neuseeland, allerdings ohne dass eine konkrete Zahl genannt wurde. Üblicherweise ist Australien selbst ein Staat, der auf Vermittlung des UNHCR Flüchtlinge aufnimmt, die in unsicheren Staaten gestrandet sind. In diesem Fall will Australien nicht helfen, weil sich die Schiffbrüchigen auf der Tampa „in der Schlange vorgedrängelt hätten“, so Premierminister Howard.

Für Verwirrung sorgte gestern das Angebot der UN-Übergangsverwaltung auf Osttimor, die Flüchtlinge könnten dort an Land gehen. Die UNHCR-Sprecherin hielt dies jedoch für „problematisch“, da die Fahrt weitere sechs Tage dauern würde.

Eine politische Lösung war nötig geworden, weil Australien an seiner Rechtsauffassung festhielt, dass die Flüchtlinge nach internationalem Seerecht keinen Anspruch haben, auf der Weihnachtsinsel an Land zu gehen. Premier Howard verwies auch gestern darauf, dass der norwegische Frachter die Flüchtlinge zuerst nach Indonesien zurückbringen wollte und nur auf Druck der Schiffbrüchigen Kurs auf Australien nahm.

Der Hamburger Seerechtler Rainer Lagoni lässt dieses Argument nicht gelten. „Wenn die Flüchtlinge den Kapitän zu einem Kurswechsel gezwungen haben, dann ist das eindeutig ein Seenotsfall und die Leute müssen in Australien an Land genommen und dort eventuell bestraft werden.“ CHRISTIAN RATH