Anspannung schlägt in Frust um

Konferenzleitung und EU versuchen, die UN-Konferenz doch noch zu einem Ergebnis zu führen

„Wir sind verpflichtet, so langezuzuhören und zu verhandeln,bis eine gemeinsameEntscheidung getroffen ist“

DURBAN taz ■ Der Eklat kam nicht unverhofft: Am Montagabend beorderten die USA ihre in letzter Minute angereiste Delegation aus Protest gegen die antiisraelische Stimmung zurück. Kurz darauf gaben auch die Israelis ihre Heimreise bekannt. Beide Staaten beschuldigen die Arabische Liga, aus einer Konferenz zur Verteidigung der Menschenrechte eine Quelle des Hasses gemacht zu haben.

Der US-Delegierte Tom Lantos erklärte der Weltöffentlichkeit noch vor dem Signal aus Washington, eine weitere Teilnahme an der Konferenz sei unmöglich. Sie seien mit großen Hoffnungen gekommen, doch das Treffen sei zu Propagandazwecken von arabischer Seite missbraucht worden. Deren Unwilligkeit und Sturheit habe es unmöglich gemacht, einen vorliegenden Kompromissvorschlag anzunehmen, in dem keine rassistischen Beschuldigungen gegen Israel enthalten seien. US-Außenminister Colin Powell ließ aus Washington verkünden, er bedauere diese Entscheidung, doch glaube man nach zähen Verhandlungen in Durban nicht mehr an einen Erfolg der Konferenz.

Die Europäische Union verkündete umgehend, sie werde geschlossen bleiben. Außerdem werde man dem Vorschlag der Konferenzleitung folgen und auf der vorhandenen Grundlage einen neuen Text zum Thema Nahostkonflikt für die Abschlussresolution ausarbeiten. Südafrika kritisierte den vorzeitigen Abzug der USA als Fehler und versuchte als Gastgeber zu vermitteln. Außenministerin Dlamini-Zuma betonte, die Konferenz sei verpflichtet, so lange zu verhandeln, bis eine gemeinsame Entscheidung getroffen würde. Die UN-Menschenrechtsbeauftragte Mary Robinson ließ keinen Zweifel daran, dass alle Beteiligten zu dieser Lösung kommen werden und rückte die gute Zusammenarbeit zwischen ihr und Dlamini-Zuma sowie den konstruktiven Geist in den Arbeitsgruppen in den Vordergrund. „Ich will, dass niemand hier der Verlierer ist.“

Doch trotz aller Bekräftigungen: Die angespannte Stimmung ist in Frust umgeschlagen. Und durch den massiven Druck der arabischen Staaten, Israel im Dokument als Apartheidstaat herauszuheben, ist der Arbeitsfortgang an den Texten immer wieder zurückgeworfen worden. Auch das wegen seiner antisemitischen Sprache stark kritisierte Abschlussdokument der 1.000 Nichtregierungsorganisationen (NGOs) hat die Emotionen hochschlagen lassen. „Das NGO-Forum ist gescheitert“, sagt Nils Rosemann, Sprecher der AG Rassimus im Forum Menschenrechte. Es wird von den 15 deutschen Organisationen nicht mitgetragen. „Doch die besonders stark vertretenen Südafrikaner haben sich der Polarisierung in der Palästinenserfrage gegen Israel angehängt.“

Die UN- Konferenz ist durch den Streit der NGOs um den israelisch-palästinensischen Konflikt am Rande beeinflusst worden, aber beide Abschlussdokumente haben am Ende nichts miteinander zu tun. Der Abzug der Amerikaner und Israelis und damit ihr Nichtauseinandersetzen mit den zentralen Entscheidungen um Sklaverei, Kolonialismus und die Entschädigungsfrage hat der UN-Konferenz schwer geschadet. Doch es gibt Hoffnungen, dass es trotz der festgefahrenen Verhandlungen noch zu einem Einvernehmen kommt. MARTINA SCHWIKOWSKI