Endlich fertig
: Masal Tov!

■ Die renovierte Synagoge in Bremerhaven wurde gefeiert

Die Thora ist ihr Wichtigstes, aber sie können sie nicht lesen: Die Bremerhavener Juden hoffen, irgendwann einmal einen Kantor zu haben, der ihnen die fünf Bücher Mose vorlesen wird. Aber sonst fehlt gar nicht mehr so viel. Denn die Synagoge ist endlich fertig. Nach ihrer Eröffnung im November 2000 sind nun auch die Renovierungsarbeiten abgeschlossen. Etwa 60 BesucherInnen fanden sich jetzt zu einer kleinen Feier in dem schlichten Raum der ehemaligen amerikanischen Kirche ein. Kulturstadtrat Wolfgang Weiß (SPD) erinnerte an die Reichspogromnacht, in der die ehemalige Synagoge in der Schulstraße zerstört worden war, und an die Deportation der 350 Bremerhavener Juden am 17.11.1941.

Erst nach über 40 Jahren lebte in den 80er Jahren die jüdische Gemeinde in Bremerhaven wieder auf. Notbehelf für die gerade mal drei Gemeindemitglieder war der Wulsdorfer Kulturladen. Nach 1990 wuchs die Gemeinde plötzlich an: Vor dem Hintergrund eines steigenden Antisemitismus in der Sowjetunion verließen viele Juden das Land. Einige dieser so genannten Kontingentflüchtlinge kamen nach Bremerhaven. 1995 bekam die Gemeinde das Haus der ehemaligen amerikanischen Kirche. Die Architektur des Innenraums und besonders die bunten Glasfenster erinnern noch immer stark an den christlichen Vorgänger.

Wegen der schlechten Arbeitsmarktlage haben besonders die jüngeren Zuwanderer aus Russland die Stadt mittlerweile wieder verlassen. Heute besteht die kleine Gemeinde aus 34 meist älteren Personen. Nachwuchs gibt es auch: Das jüngste Mitglied ist ein Jahr alt.

Die meisten Mitglieder haben nur noch wenig Bezug zur jüdischen Religion. In Russland war ihnen die Ausübung der Religion verboten, und nur das in den Pass gestempelte Wort „Jude“ erinnerte noch an die Herkunft. Sie haben nur schwache Erinnerungen an die jüdische Tradition ihrer Großeltern, die sie nun paradoxerweise ausgerechnet in Deutschland wieder neu lernen. Der Gemeindevorsitzende Günter Schmitt wünscht sich, dass sie in Zukunft regelmäßiger zum Gottesdienst am Schabbat kommen. Und er wünscht sich eben einen professionellen Kantor, der das Althebräische beherrscht.

Die Erfahrungen mit der nichtjüdischen Umwelt seien überwiegend positiv, antisemitische Drohungen selten, berichtet Günter Schmitt. Vor acht Jahren war der jüdische Friedhof in der Kreuzberger Straße geschändet worden. Noch heute sind die Anwohner, die sich jahrzehntelang um die Pflege des Friedhofs gekümmert haben, zutiefst betroffen. Auch sie sind zur Feierstunde gekommen. Seit dem Anschlag auf die Düsseldorfer Synagoge fährt die Polizei regelmäßig Streife.

Nina Gessner