„Heimat kann für jeden woanders sein“

■ Armin Petras inszeniert das Boxerstück Fight City. Vineta am Thalia Gaußstraße

Knock out Deutschland hieß das Musical, das Armin Petras, der jetzt wieder am Thalia Theater Gaußstraße inszeniert, 1994 gemeinsam mit Rio Reiser erarbeitete. Das Thema damals: Boxen. Dieser Sport ließ Petras, Ex-Fussballer und Manchmal-Boxer, nicht mehr los. Am Samstag nun hat das von Fritz Kater (lässt an „Fritz the Cat“, die Comicfigur Robert Crumbs, denken, ist aber, wie man munkelt, das Alter Ego des Regisseurs) verfasste Stück Fight City. Vineta Premiere.

Darin geht es um Steve, einen 32-jährigen Ex-Boxer, der nach Jahren zurück in seine Heimatstadt Frankfurt/Oder kehrt und wieder boxen will. Laut Petras ist „Heimat“ das zentrale Thema: „Mich interessiert: Was bedeutet Heimat? In der so genannten globalen Gesellschaft ist das kein Thema mehr. Wenn man das aber erstmal anspricht, stellt man fest, dass jeder sehr wohl eine Idee davon hat. Jeder hat eine Art Gefühl dafür; bei dem einen ist Heimat, wo er geboren ist, bei dem anderen, wo er ein paar Jahre verbracht hat und glücklich war, bei dem dritten, wo Frau und Kinder sind.“

Petras zeigt in dem Stück Probleme auf, mit denen Steve (Milan Peschel, Gast von der Berliner Volksbühne) konfrontiert wird, und inszeniert eine sprachlich und dramaturgisch raffinierte und stellenweise an Kriminalromane erinnernde Milieu-Studie, die er von geschickt ausgewählten SchauspielerInnen mit Leben füllen lässt. Die anderen Personen sind der Box-Trainer von Steve, Typ „hart aber herzlich“ (Peter Kurth), der auch der Vater von Rosa ist, einer Berliner Göre (maßgeschneidert für Fritzi Haberlandt), die wiederum mit Frank, einer 23-jährigen Box-Hoffnung (Andreas Pietschmann) verbandelt ist.

Rosa möchte unbedingt nach Hamburg und verbringt ihre Zeit mit Charlotte, ihrer arbeitslosen, dem Alkohol zugetanen Schwiegermutter in spé (Verena Reichhardt), und mit Mike (Clemens Dönicke), einem jungen Skinhead, der alles verändern wird. Steve wiederum trifft seine Jugendliebe Leila (Leila Abdullah) wieder und will sie zurück.

Warum aber träumt Rosa ausgerechnet von Hamburg? Weil Hamburg für Armin Petras eine „Insel der Seligen“ ist: „Hamburg ist offen, überhaupt nicht eng. Man hat durch den Hafen das Gefühl, hier schnell rauszukommen. Für mich als Ost-Berliner sieht Hamburg erstmal problemlos aus.“ Natürlich weiß Petras um die Probleme mit rechten Parteien in Hamburg, und der Gedanke, dass es, sollten CDU und Schill die Wahl gewinnen, keinen unabhängigen Kultursenator mehr geben sollte, bereitet auch ihm arges Kopfzerbrechen. Aber diese Absichten hat Ole von Beust ja inzwischen dementiert. Und vorerst möchte Petras dem Publikum in erster Linie Spaß bereiten, um es so wie zufällig zum Nachdenken anzuregen. Barbara Schulz

Premiere: Sonnabend, 15. September, 20 Uhr, Thalia, Gaußstraße 190