berliner szenen
: Pop sendet weiter

Zwei Klassen

Sven Regener hat seine Lesung für heute Abend abgesagt. Passt nicht in die allgemeine Stimmung, teilt sein Verlag mit. Theaterstücke, Lesungen, Vertragsunterzeichnungen – alles wird abgesagt. Was nicht abgesagt wird: Popkonzerte. Radiohead, Shellac, Burgalat, Linkin Park, Stereolab. Man wundert sich. Auch darüber, dass die Konzerte gut besucht sind. Beim Konzert von Stereolab steht eine geduldige Menge vorm Pfefferberg. Drinnen ist es wie immer, wenn Stereolab (und auch Mina, die Vorband) spielen: nett, flauschig. Warum alles absagen, fragt Detering und weist einmal mehr drauf hin, dass bei einer Sturmflut in Bangladesch kein kultureller Event in Europa (oder den USA) abgesagt würde. Zweiklassengesellschaft, you name it. Eine Bekannte sagt: Stereolab tun richtig gut, nach alldem. Trotzdem wundert man sich: Ist Pop mittlerweile eine Gesellschaft mit eigener Moral geworden? Nicht mehr diskursfähig? Kein Anschluss unter dieser Nummer: Politik? Vielleicht ist es auch die reine Not, denn es geht auch um Geld (jaja, die Theater und ihre fetten Subventionen). Nach dem dritten Bier ist es aber wirklich schön. Man redet über die alten Sachen von Stereolab, über Depeche Mode und DataPop. Den „Terror gegen Amerika“ und seine Folgen gibt’s ja dann wieder zu Hause vorm Fernsehen. GBA