Eklatante Fehleinschätzungen zur Rente

Studie: Frauen und Altersvorsorge. Falscher Optimismus sorgt dafür, dass die Mehrheit der Bevölkerung zwar an eine sichere Rente nicht mehr glaubt, sich aber dennoch so verhält, als gäbe es sie. Die Ansprüche werden überschätzt

Die Tatsachen sind bekannt: Frauen verdienen in der Regel nach wie vor weniger als Männer und unterbrechen wegen ihrer Kinder das Erwerbsleben häufiger; oder sie arbeiten auf Teilzeitstellen. Somit fallen ihre Ansprüche aus der gesetzlichen Rentenversicherung deutlich niedriger aus als die von vielen Männern. Auf der anderen Seite haben Frauen eine höhere Lebenserwartung und damit wiederum einen höheren Versorgungsbedarf. Gründe genug für das Deutsche Institut für Altersvorsorge (DIA) sich dem Thema zu widmen.

Nachdem das Kölner Institut bereits 1999 eine ausführliche Studie dazu vorgestellt hatte, präsentierte es vor wenigen Wochen nun eine weitere. Auf der Grundlage einer repräsentativen Befragung von 1.052 Frauen und – stichprobenartig als Vergleich – von 448 Männern kommt die Studie zu ähnlichen Besorgnis erregenden Ergebnissen wie schon vor zwei Jahren: Mehr als drei Viertel der heute 30- bis 59-jährigen Frauen werden im Alter kein ausreichendes Einkommen zur Verfügung haben. Besonders groß ist die Versorgungslücke bei jenen, denen außer der gesetzlichen Rente keine weiteren Einkommensquellen zur Verfügung stehen.

Dabei gibt es eklatante Fehleinschätzungen. Fast die Hälfte der Befragten (44 Prozent) hält sich für ausreichend abgesichert, was vor allem mit der Überschätzung ihrer Ansprüche aus der gesetzlichen Rentenversicherung zu tun hat. 25 Prozent überschätzen ihre Ansprüche aus der gesetzlichen Rente um mehr als ein Viertel, 21 Prozent sogar um mehr als die Hälfte. Zwar ist sich die überwiegende Mehrheit darüber im Klaren, private Vorsorge betreiben zu müssen, um den Lebensstandard im Alter einigermaßen halten zu können, aber die wenigsten richten sich danach.

Durchschnittlich investieren die befragten Frauen etwa 700 Mark jährlich in ihre Altersvorsorge. Ein Drittel der Befragten betreibt nach eigenen Angaben keine private Altersvorsorge, fast ebenso viele können keine Angaben machen, wie viel sie jährlich dafür ausgeben. Immer noch spielt die Vorstellung, der Partner oder der Staat hätte dafür zu sorgen, eine große Rolle.

75 Pozent der Befragten sind nicht bereit, sich heute für ihre Altersvorsorge einzuschränken und fast 80 Prozent wollen auch in Zukunft nicht mehr Geld dafür investieren. Dennoch will die große Mehrheit der Befragten (53 Prozent) mit 56 bis 60 Jahren in den Ruhestand gehen.

Die Studie zeigt hauptsächlich eines: Die Rentenreform hat zwar wichtige Impulse gegeben, aber wie viele Experten, unter anderem auch das DIA, meinen, sind die Einschätzungen der Bundesregierung über die künftigen wirtschaftlichen und demografischen Entwicklungen, die den Rentenrechnungen zu Grunde liegen, viel zu optimistisch. Ein falscher und politisch motivierter Optimismus, der bewirkt, dass die Mehrheit der Bevölkerung – Frauen wie Männer – an „sichere Renten“ vielleicht nicht mehr glaubt, aber sich auf jeden Fall noch so verhält.

Dabei müssen sich nach Berechnungen des DIA jüngere Erwerbstätige mit höheren Einkommen oder mit weniger als 45 Versicherungsjahren darauf einstellen, dass ihnen die gesetzliche Rente nicht mehr als 53 Prozent ihres Nettogehaltes sichert. Dies ist auf keinen Fall genug, um ihren Lebensstandard auch nur einigermaßen zu halten, und es reicht erst recht nicht dazu aus, die steigenden und mehr und mehr privat zu finanzierenden Gesundheitskosten zu decken. Die Riester-Rente ist angesichts dieser Entwicklungen sichtlich nicht einmal mehr ein Tropfen auf den heißen Stein.

BIRGIT BOSOLD

Weitere Informationen gibt es auf den Webseiten des Deutschen Instituts für Altersvorsorge (DIA), www.dia.de