Guter Schutz für den Notfall

Eine Berufsunfähigkeitsversicherung sollte man frühzeitig abschließen. Ein Vergleich aller Anbieter kann sich lohnen: Beitragsunterschiede bis zu 400 Prozent. Gesundheitsfragen müssen mit großer Sorgfalt und Genauigkeit beantwortet werden

Obwohl jeder vierte Angestellte vor Erreichen des Rentenalters berufsunfähig wird, gehört dieses Risiko zu den bestverdrängten. Immer noch haben die wenigsten eine private Berufsunfähigkeitsabsicherung, was vor allem an den mangelhaften Kenntnissen über die Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung liegt.

Nach einer Emnid-Umfrage aus dem Jahr 1999 wird die gesetzliche Berufsunfähigkeitsrente auf 48 Prozent des letzten Bruttoeinkommens geschätzt. Die tatsächliche Leistung beträgt aber lediglich 26 Prozent – und auch diese Leistungen sind seit dem 1. Januar 2001 zumindest für all jene faktisch abgeschafft, die unter 40 Jahre alt sind. Wichtigste Neuregelung des seitdem geltenden Gesetzes ist, dass die berufliche Qualifikation vollständig unberücksichtigt bleibt. Jeder kann also, sofern er oder sie überhaupt noch arbeiten kann, auf jeden beliebigen Beruf verwiesen werden und erhält dann keine oder nur deutlich geminderte Leistungen. Private Vorsorge ist also absolut notwendig, zumindest für alle, die nicht aus Vermögenseinkünften leben können. Wie aber nun findet man in der Vielfalt von Tarifen und Versicherungsgesellschaften die richtige Police?

Auf dem Markt gibt es selbstständige Berufsunfähigkeits-(BU-)Versicherungen und BU-Zusatzversicherungen, die in einer Hauptversicherung, in einer Risikolebens- oder einer Kapital bildenden Lebens- oder Rentenversicherung eingeschlossen sind. Auch wenn Kombinationsprodukte wegen ihres Mangels an Transparenz und Flexibilität mit Vorsicht zu genießen sind: in diesem Fall gilt eine Ausnahme. Weil Leistungsfälle bei selbstständigen BU-Versicherungen statistisch häufiger vorkommen als bei Zusatzversicherungen, sind Kombinationstarife, beispielsweise eine Risikolebensversicherung mit möglichst niedriger Versicherungssumme mit Berufsunfähigkeitszusatz, häufig preiswerter. Nicht zu empfehlen sind allerdings auch hier Tarife, die an eine Renten- oder Kapitallebensversicherung gebunden sind.

In den letzten Jahren ist es in der Branche zu einem Wettkampf gekommen: durchaus zu Gunsten der Verbraucher. Das zeigen Ratings, wie sie zum Beispiel die Stiftung Warentest oder auch Spezialagenturen wie Francke durchführen, bei denen die untersuchten Konditionen immer häufiger positiv bewertet werden. Wichtigste Standards sind der Verzicht des Versicherers auf die gesetzlich mögliche Beitragsanpassung und der Verzicht auf die so genannte abstrakte Verweisbarkeit, das heißt darauf, die versicherte Person im Schadensfall auf eine mit ihrer bisherigen vergleichbare Tätigkeit zu verweisen. In vielen Tarifwerken mehr differenziert wurden die Berufsgruppen nach Risikostufen, so dass sich Beitragsunterschiede bis 400 Prozent ergeben. Diese neuen Tarifgefüge sind besonders für hoch qualifizierte Berufe attraktiv, die laut Statistik den geringsten Gefährdungsgrad haben. Hier lohnen sich Vergleiche, denn die Eingruppierung von ein und demselben Beruf und damit auch die Prämie kann von Versicherer zu Versicherer durchaus unterschiedlich ausfallen.

Vor jedem Abschluss steht eine ausführliche Prüfung des medizinischen Risikos. Die Gesundheitsfragen sollten mit größter Sorgfalt und Genauigkeit beantwortet werden. Verletzt der Versicherte seine Auskunftspflichten, kann der Versicherer fristlos kündigen. Auch hier lohnen sich Vergleiche, denn nicht jede Risikoabteilung beurteilt dasselbe medizinische Risiko gleich: Was mancher Versicherer ausschließt, wird von einem anderen lediglich mit einem Risikozuschlag belegt, und auch dieser kann wiederum unterschiedlich hoch ausfallen.

Unterschiedlich und in der Regel frei zu gestalten ist die Verwendung der Überschüsse, denn jeder Versicherer kalkuliert so, dass solche aus nicht benötigten Risikoanteilen, eingesparten Verwaltungskosten oder Kapitalerträgen anfallen. Man kann vereinbaren, dass diese Überschüsse sofort verrechnet werden, so dass man einen niedrigeren (Netto-) Betrag zahlt. Häufig angeboten wird die Anlage der Überschüsse in Fonds. Für solche Modelle spricht, dass nebenbei ein kleines Polster entsteht, aus dem man auch mal Beiträge finanzieren kann, da man die Überschüsse wahrscheinlich nicht von sich aus in einen Sparvertrag investieren, sondern konsumieren würde. Dagegen spricht allerdings die um etwa ein Drittel höhere Nettobelastung.

Unterschiede gibt es auch in der Frage der Dynamisierung der Höhe der Rente. Neben dem Inflationsausgleich spricht dafür, dass mit dem Alter in der Regel die Einkommen zunehmen und entsprechend auch der Bedarf. Allerdings kann man dagegen auch die Überlegung geltend machen, dass mit zunehmendem Alter einerseits auch Ausgaben sinken können, zum Beispiel in Haushalten mit Kindern, die finanziell irgendwann selbstständig werden, und andererseits auch zunehmend Einkommen aus Vermögen gesammelt werden. Der Bedarf ist in jedem Fall genau zu kalkulieren.

Vertraglich unterschiedlich geregelt werden können auch die Beitragszahlungs-, Versicherungs- und Leistungsdauer. Während am Beginn der Berufstätigkeit bei einer schweren, zu Berufsunfähigkeit führenden Krankheit sehr hohe Einkommensverluste entstehen, sind am Ende der Berufslaufbahn in der Regel genügend Mittel – aus der privaten oder gesetzlichen Vorsorge – vorhanden, um diese auszugleichen. Das Risiko steigt in den letzten fünf bis zehn Jahren der Erwerbstätigkeit überproportional und entsprechend natürlich auch die Beiträge. Es ist also deutlich preiswerter und kann auch sinnvoll sein, Verträge so zu gestalten, dass der eigentliche Versicherungsschutz nur bis zu einem Alter von 55 oder 60 Jahren besteht, aber die vereinbarte Berufsunfähigkeitsrente bis zum Eintritt der Altersrente gezahlt wird.

Sinnvoll ist es auf jeden Fall, möglichst früh eine Berufsunfähigkeitsversicherung abzuschließen. Je jünger der Versicherungsnehmer, desto niedriger der Beitrag. Außerdem sind mit zunehmendem Alter auch gesundheitliche Risiken wahrscheinlicher, die dann zu Beitragszuschlägen oder sogar Ausschlüssen führen können.

Eine BU-Versicherung ist ein äußerst komplexes Produkt. Vor dem Abschluss einer Police sollten Sie sich selbst ausführlich informieren (beispielsweise bei der Stiftung Warentest oder bei Verbraucherverbänden) oder sich durch einen unabhängigen Makler beraten lassen. Wichtiger als die Höhe des Beitrages ist, dass der Versicherer im Schadensfall zügig und ohne Prozess leistet. BIRGIT BOSOLD

Die Autorin ist Finanzplanerin bei dem Berliner Unternehmen „Das Finanzkontor“, Tel. (0 30) 21 47 47 90