Gesetzespaket gegen Terroristen

Die Bundesregierung plant schärfere Gesetze gegen Terrorismus. Gesetzesnovelle bei Anti-Terror-Paragraf scheiterte bisher am Widerstand der Grünen

von SEVERIN WEILAND

Morgen will die Bundesregierung ein Maßnahmepaket im Kampf gegen den Terrorismus verabschieden. Bei zwei Vorlagen handelt es sich jedoch nicht um eine Reaktion auf die aktuellen Ereignisse: Die Abschaffung des Religionsprivilegs im Vereinsrecht und die Einfügung des Paragrafen 129b im Strafgesetzbuch streben Innenminister Otto Schily und Justizministerin Herta Däubler-Gmelin (beide SPD) bereits seit längerem an.

Lediglich eine Rechtsverordnung, mit der die Kontrolle von Flughafenpersonal in sicherheitsrelevanten Bereichen möglich sein soll, ist ein unmittelbares Ergebnis der Terroranschläge gegen die USA. Die geplante Novellierung des Vereinsrechts, die Anfang September bekannt geworden war, richtet sich gegen fundamentalistische Vereinigungen, die unter dem Deckmantel der Religionsgemeinschaft antiwestliche und antisemitische Propaganda schüren.

Die Einfügung des Paragrafen 129b als Zusatz zum bereits existierenden Anti-Terror-Paragrafen 129a steht seit fast zwei Jahren auf der Agenda des Bundesjustizministeriums. Auf Druck der Grünen wurde das Vorhaben aber seit Januar 2000 immer wieder verschoben. Mit der neuen Vorlage sollen künftig auch international tätige kriminelle Vereinigungen in der Bundesrepublik verfolgt werden können. Nach dem 129a ist das Werben für eine (inländische) terroristische Vereinigung strafbar. Mit dem 129b wären auch mutmaßliche sympathisierende Schriften oder Äußerungen deutscher Staatsbürger etwa zur baskischen ETA betroffen, fürchteten die Grünen.

Sowohl Innen- als auch Justizministerium wollten sich gestern zu Details der Gesetzesnovellierungen nicht äußern. Auch wurden keine Zahlen zu den von einem Verbot betroffenen Religionsgemeinschaften genannt. Man wolle diese Gruppen nicht vorwarnen, so ein Ministeriumssprecher. Offenbar ist es der Wunsch des Kanzlers, die beiden Gesetzesnovellen möglichst rasch vom Bundestag verabschieden zu lassen. Man werde sich nach der Kabinettsentscheidung mit den Fraktionschefs zusammensetzen, sodass eine „sehr schnelle Umsetzung erfolgen kann“, sagte Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye. Im Kabinett wird zudem morgen eine Grundentscheidung über erweiterte Möglichkeiten zur Offenlegung von Bankkonten erwartet. Dabei könnte das Gesetz gegen die Geldwäsche mit einem Geldsammelverbot für jene Organisationen verbunden werden, die der Unterstützung des Terrorismus verdächtig sind, so Heye. Wegen der komplizierten Rechtslage seien hier aber internationale Abstimmungen notwendig.

Unterdessen erwägt Innenminister Schily eine Lockerung des Datenschutzes. Überall dort, wo sich „Datenschutz als Terroristenschutz auswirkt“, müsse Abhilfe geschaffen werden, so ein Ministeriumssprecher. Als Beispiel nannte er die bisher eingeschränkten Möglichkeiten zum Datenaustausch. So sei es denkbar, dass an sich unverdächtige Daten im Ausländerzentralregister im Abgleich mit den Daten anderer Behörden neue Hinweise ergäben. Entsprechende Überlegungen sind aber nach Aussage des Ministeriumssprechers nicht entscheidungsreif – ebenso wie Vorschläge zur Aufnahme von Fingerabdrücken in Pässen oder zur Rasterfahndung gegen mutmaßliche Terroristen.

Unterdessen kündigten die Grünen an, einen Rat von Rechts- und Sicherheitsexperten zu bilden. Dieser solle unter der Leitung des früheren hessischen Justizministers Rupert von Plottnitz mögliche anstehende Rechtsänderungen beobachten und bewerten. Der Grünen-Bundesvorstand beschloss zudem einen runden Tisch mit Nichtregierungsorganisationen.