berliner szenen: Deutsche Soldaten
Frühes Training
Sie reden von Krieg. Es ist Freitagnachmittag, der Zug fährt von Hamburg nach Berlin, und sie reden von Krieg. Sie sind Soldaten, Wehrdienstleistende auf dem Weg nach Hause. Also reden sie von Krieg. Die beiden am Fenster, deren Mütze verrät, dass sie an der Marinehochschule studieren, sagen kein Wort und dösen vor sich hin. Die beiden neben mir sind in Zivil, aber dafür reden sie von Krieg. Unüberhörbar. Da wird „weggeballert“ und gefachsimpelt von Kalibern, die „auch Wände durchschlagen“. „Dauerfeuer“ wird eröffnet im kurz geschorenen Schädel und der Gegner „platt gemacht“.
Doch irgendwann schält sich aus dem Geplapper, dass hier nicht geredet wird über das, worüber alle reden; dass hier nicht gesprochen wird über die Bilder, die alle und alles beherrschen. Die beiden werden beherrscht von anderen Bildern. Sie sprechen über Videospiele. Später. Auf dem Weg zum Klo. Der Gang ist voll, nicht alle tragen Uniformen, aber die meisten sind Soldaten. Der Zug ist überfüllt, aber erfüllt von einem seltsamen Schweigen. Viele rauchen, manche spielen Karten, gesprochen aber wird hier kaum noch an diesem Freitagnachmittag im ICE von Berlin nach Hamburg. Unlängst hat in einem Interview ein Militärfachmann erzählt, der heutige Pilotennachwuchs sei sehr viel talentierter als der früherer Generationen. Der Grund: das frühe Training an der Spielekonsole. TO
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