Zeit und Raum

■ Die verlorenen Wege zur Weser in Woltmershausen werden von acht Bremer KünstlerInnen wieder entdeckt

Woltmershausen, „die Perle an der Weser, ein Sahnestück für das Land Bremen“ (Cornelis van Raamsdonk, stellvertretender SPD-Ortsvereinsvorsitzender in Erinnerung an alte Zeiten), ist nicht mehr, was es war. Früher hatte es einen Sandstrand und diente den freien Bremer Bürgern als Naherholungsgebiet. Heute stehen Industrie-Container am Ufer; die Verbindungswege zum Wasser gibt es nicht mehr.

Es gibt aber einen seit Jahren anhaltenden Trend zur Kunst im öffentlichen Raum, und es gibt acht Künstler, die an die alten Wege erinnern. Bis elften Oktober sind entlang der Weser Installationen, Malereien, Zeichen und Schriftzüge zu entdecken. „Wegen der Struktur Woltmershausens war das kein einfaches Projekt“, erklärt Rose Pfister vom Fachreferat Kunst im öffentlichen Raum, „der Ort ist sehr langgestreckt, eigentlich bräuchte man zehn Künstler dafür.“

Die acht, die in dem schwierigen Terrain ihre Spuren hinterlassen haben, nähern sich auf witzige, originelle und ernsthafte Weise dem Thema Verbindung und Trennung, Zeit und Raum. Rolf Gesing zum Beispiel hat am Anfang Woltmershausens, für ihn „der liegengelassenste Stadtteil Bremens“, das „Ventil der Welt“ installiert: ein großes Schwimmflügelventil, das aussieht, als könne man hier Bremen die Luft raus- oder die Weser reinlassen (Woltmershauser Str. 57). Maike Hartwig erinnert mit ihren über die Woltmershauser Straße gespannten Zeichen-Fahnen an „Dinge die Mal möglich waren“. Henrik Jacobs betreibt direkt am Ufer eine „Shooting Gallery“, eine Schießbude zum Flaschenpost verschicken, weil er findet, „bei allem, was man erhält, sollte man die Chance bekommen, es wieder loszuwerden“ (Weser Höhe Ladestr. 29/31).

Losgeworden ist Woltmershausen seine alte Idylle, gewinnen kann es Irritationen. Bereits beim Anbringen der Kunstwerke tauchten gelegentlich Anwohner und Polizei auf, um nach Sinn und Zweck der Aktionen zu fragen. Wer einfach so durch den Ort läuft, wird die Bilder und Objekte kaum finden, sie müssen schon gesucht werden. Dann aber bieten sie neue, alte und fremde An- und Einsichten, die die verbauten Wege zur Weser neu erfahrbar machen.

Astrid Paulsen