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Daewoo wird zerstückelt

General Motors übernimmt Verbindlichkeiten des bankrotten südkoreanischen Autokonzerns. Vertrag gilt als Fortschritt für das Sanierungsprogramm der Industrie

TOKIO taz ■ Der weltweit größte Automobilkonzern General Motors (GM) hat einen Durchbruch für die weitere Expansion in Asien errungen. Nach einem Jahr zäher Verhandlungen sicherte sich GM mit der Übernahme von 67 Prozent an Daewoo Motors für die relativ geringe Summe von 400 Millionen US-Dollar ein starkes Standbein im zweitgrößten asiatischen Automarkt.

„Wir harrten in den Verhandlungen aus, weil wir überzeugt sind, dass wir hier am richtigen Ort mit der richtigen Strategie sind“, erklärte Alan Perriton, der GM-Verantwortliche für internationale Allianzen. In der gestern unterzeichneten Vereinbarung mit den Gläubigern von Daewoo beteiligt sich GM mit 400 Millionen Dollar in einem Gemeinschaftsunternehmen mit der Hauptgläubigerin Korea Development Bank (KDB), die 197 Millionen Dollar oder 33 Prozent einbringt. Bis 2002 soll eine definitiver Vertrag ausgearbeitet sein. „Es wird keine großen Änderungen geben, da GM die Buchprüfung des Konzerns abgeschlossen hat“, erklärte KDB-Chef Jung Keun-Jong, der südkoreanische Chefunterhändler.

Das neue Unternehmen wird die zwei modernen Produktionswerke Changwon und Kungsan und je eine Auslandwerk in Vietnam und Ägypten übernehmen. Die vier Werke – hier soll jährlich ein Umsatz von rund 5 Milliarden Dollar erwirtschaftet werden – haben eine jährliche Kapazität von rund 570.000 Wagen, etwa die Hälfte der früheren Produktionskapazität. Erfolgreich wehrte sich GM gegen die Übernahme des veralteten Bupjong-Werkes im Westen der Hauptstadt Seoul, in dem mehr als die Hälfte der inländischen Daewoo-Belegschaft angestellt sind. Das Bupjong-Werk war im Februar Schauplatz der heftigsten Arbeiterproteste, seit der südkoreanische Präsident Kim Dae Jung sein Amt übernommen hatte. Die Gewerkschaften versuchten damals eine Aufsplitterung des Konzerns zu verhindern. Faktisch erfolglos: Das Bupjong-Werk mit 4.000 Angestellten dürfte bald die Tore schließen. Gewerkschafter kündigte deshalb neue Protestaktionen an.

Bis Ende 2000 hatte Daewoo 17 Milliarden Dollar Schulden aufgehäuft. Diese werden die südkoreanischen Gläubiger verdauen müssen, da das neue Unternehmen nur 320 Millionen Dollar an Verbindlichkeiten im Ausland übernimmt. Trotzdem gilt der Coup als Fortschritt für das Sanierungsprogramm der südkoreanischen Industrie: Der Daewoo-Verkauf wurde von Investoren als Test für die Öffnung südkoreanischer Kernindustrien betrachtet. ANDRÉ KUNZ

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