Komplett anderer Schnack

■ Blue Devils stehen nach dem 33:7 gegen Stuttgart Scorpions im Finale der German Bowl

Auf einmal war es zappenduster im Millerntorstadion. Teufel, Skorpione und knapp 6500 Zuschauer dachten schon an einen Stromausfall, als das große „Goodbye“-Feuerwerk gezündet wurde. Auf dem Spielfeld tummelten sich derweil noch die Protagonisten der letzten Stunden. Die Männer in blau hatten gerade ihre erste Ehrenrunde gedreht und lagen sich auf dem Rasen verstreut noch in den Armen.

Dreckig und in Gedanken versunken hockte unterdessen Teufel Christopher Malevski auf dem aufgewühlten Grün und stammelte Gründe, warum die letzte Saison noch abstiegsgefährdeten Devils, von Headcoach Kent Anderson oft und gerne als der „schlafende Gigant“ tituliert, nun im Finale der German Bowl stehen. „Wir sind eine Familie geworden, alle halten zusammen. Wir haben gute Trainer, gute Spieler und wir haben Spaß.“ Defense Liner Bernhard Rozic meinte nur:„ Die Blue Devils sind ein komplett anderer Schnack als letztes Jahr.“

Irgendwo im Feuerwerksgewitter daneben, mit gesenkten Kopf, stand der beste Spieler der Stuttgart Scorpions, Marc Correll. „Mehr erhofft, mehr erwartet“, murmelte der Running Back, „aber Hamburg war heute eine Klasse besser. In der ersten Halbzeit haben sie uns in Grund und Boden gelaufen.“

Die Blue Devils kamen schon bei der Mannschaftvorstellung wie ein D-Zug aus dem rauchenden Kabinengang herausgestürmt. Im Spiel erkämpften sie sich aber nur mühsam Yard um Yard. Quarterback Matt Cannon, auch Matze Kanone gerufen, war es schließlich vorbehalten, selbst den ersten Touchdown zu erlaufen. Derweil bestätigte die Verteidigung erneut, dass sie das Rückgrat und Prunkstück der blauen Teufel ist – die Skorpione kamen nicht einmal in die Nähe der Hamburger Endzone. „Offense wins games, defense wins championships“ lautet eine amerikanische Football-Weisheit. Das predigt auch immer wieder Coach Anderson. Ein weiterer Luxus ist, dass die Devils über einen bundesligaweit gefürchteten Running Back verfügen. Estrus Crayton, der Albtraum jeder Defense, markierte dementsprechend auch den zweiten Touchdown. Hamburg 13, Stuttgart 0 zur Halbzeit.

Nach dem Pausentee setzte wiederum Quarterback Cannon ein Ausrufezeichen hinter die Hamburger Finalambitionen und sorgte mit seinem zweiten Touchdown für eine entspannende Führung. Stuttgarts Running Back Marc Carroll schaffte es zwar, die Devils-Defense zu knacken, aber es sollte der einzige Ausflug des Südligisten in die Endzone der Teufel bleiben. André Grumbach schraubte im Spielergetümmel den Score auf 26:7, bevor – wer sonst – „Most Valuable Player“ Crayton die Kür vor den bereits feiernden Fans absolvierte. Nach einem 70 Yards-Lauf fand sich der Amerikaner in der schwäbischen Endzone wieder. Touchdown. Noch ein Kick von Timo Erbs. Endstand: 33:7. Feuerwerk.

Finale am 6. Oktober in Hannover erreicht, sich vor dem Umzug in die HSV-Arena absolut würdig vom Millertorstadion verabschiedet und auf einen guten Weg den größten „Turn-Around“ in der Geschichte der German Football League zu schreiben – es war ein guter Samstagnachmittag für die Devils. Feiern war angesagt. Und gestern Morgen? „Wir hängen alle noch in den Seilen“, so Teammanager Didi Stolze. Mike Liem