Lufthansa-Flieger bleiben halb leer

Fluglinien reduzieren ihre Flotten und stellen Board-Polizisten ein. Reiseunternehmer hingegen optimistisch

BERLIN taz ■ Die europäischen Fluggesellschaften ziehen weitere Konsequenzen aus der unsicheren Geschäftslage nach den Terrorangriffen auf die USA. So will die Deutsche Lufthansa ihre Flotte in den nächsten Tagen um bis zu zwölf Prozent verkleinern. „Es könnte sein, dass wir bis zum Ende der Woche 28 unserer 236 Flugzeuge stillgelegt haben“, sagte Lufthansa-Chef Jürgen Weber in einem Interview mit der Tageszeitung Die Welt.

Nach Angaben Webers hätten in den letzten zwei Wochen deutlich weniger Menschen Flüge mit der Lufthansa gebucht. So betrage der Rückgang für Oktober minus 34 Prozent, für November minus 10 Prozent und für Dezember minus 30 Prozent. Obendrein erscheine auf manchen Strecken die Hälfte der Passagiere nicht. Um die Sicherheit in den Flugzeugen zu erhöhen, will Lufthansa ab sofort Board-Polizisten in zivil, so genannte Sky Marshals, einsetzen. Das Unternehmen erwäge auch, so Weber weiter, die Nordatlantik-Routen nochmals um weitere 13 Prozent zu streichen, nachdem bereits acht Prozent herausgenommen worden waren.

Bei der Swissair Gruppe, die schon vor den Terroranschlägen in finanziellen Schwierigkeiten steckte, stehen nun weitere Entlassungen an. So sollen im Catering-Bereich rund 3.000 der insgesamt 30.000 Stellen abgebaut werden. Zudem plant das Unternehmen, die Fluglinien Swissair und Crossair zusammenzulegen und die Langstreckenflotte des Konzerns um ein Viertel zu verkleinern.

Nach Auffassung von Stelios Haji Ioannou, dem Chef der britischen Billigfluggesellschaft Easyjet, werden einige der europäischen Fluggesellschaften schon bald komplett vom Himmel verschwinden. „Wenn wir in den kommenden sechs Monaten nicht drei bis sechs der alten Staatslinien verlieren, dann funktioniert der Markt nicht“, sagte er gestern. Als mögliche Pleitekandidaten nannte er die belgische Linie Sabena, Swissair, TAP Portugal, die griechische Olympic, die irische Aer Lingus und die holländische KLM.

Thomas Cook, der zweitgrößte europäische Tourismuskonzern, versucht dagegen, Optimismus zu verbreiten. Gestern gab die Reise-Tochter von Lufthansa und Karstadt bekannt, dass sie trotz der Anschläge in den USA unverändert eine Gewinnsteigerung von zehn Prozent im laufenden Geschäftsjahr erwarte. „Wir rechnen allenfalls mit einer vorübergehenden Wachstumsdelle von maximal ein bis zwei Monaten“, sagte Vorstandschef Stefan Pichler.

Bereits am Freitag zeigte sich auch TUI-Chef Michael Frenzel zuversichtlich, dass sich die Branche schnell von möglichen Einbußen erholen werde. Nach den Worten von Preussag-Sprecher Michael Laurich, deren Tochter TUI die Nummer eins unter den Reiseunternehmen ist, sei aber noch offen, ob das Unternehmen Ende der Woche seine Geschäftsprognose revidiert.

Am Sonntag begann in Seoul die alle zwei Jahre stattfindende Vollversammlung der Welttourismusorganisation. Generalsekretär Francesco Frangalli betonte in den vergangenen Tagen immer wieder, es komme jetzt darauf an, was in den nächsten Wochen geschehe. Die jetzige Situation lasse sich nur bedingt mit dem Golfkrieg von 1991 vergleichen. Für den 27. September plant die WTO den Welttourismustag. Das Motto: „Friede und Dialog zwischen den Kulturen“.

ANDREAS LAUTZ