Virtuelles Rathaus ohne Briefgeheimnis

■ Einweihung des neuen Info-Zentrums im Foyer der Bremer Bürgerschaft

Bürgermeister Henning Scherf (SPD) ging in die Knie und Bürgerschaftspräsident Christian Weber (SPD) musste sich auf die Zehenspitzen stellen. So passten beide zusammen auf das web-cam Foto, das man an den neuen Multimedia-Terminals in der Bürgerschaft von sich machen kann.

Als Ausgleich für das wegen der Bauarbeiten für ein Jahr verhüllte Rathaus gibt es seit gestern an den Fensterscheiben der Bürgerschaft zwei Leinwände, auf denen computergesteuerte Filme über das Rathaus abgerufen werden können. Im Foyer der Bürgerschaft gibt es zudem ein Info-Zentrum „multimediales Rathaus“. An drei Computer-Terminals können BesucherInnen einen interaktiven Rundgang durch das Innere des Rathauses erleben und sich dabei zum Beispiel im Festsaal oder Gobelinzimmer einmal um sich selbst drehen. Neben Videos können zudem auch Informationen zur Geschichte oder zu den Baumaßnahmen abgerufen werden. Schließlich können Bilder vom Roland, Dom, Stadtmusikanten und anderen Bremer Highlights mit einem web-cam-Foto als e-greeting card verschickt werden. So wie Scherf und Weber, die ihr Foto mit dem Rathaus verknüpften und es an eine Kollegin mailten.

Doch Vorsicht: die mails werden zum Teil offenbar gespeichert. Man wolle sich davor schützen, dass Leute den E-mail Service etwa zum Versenden von Drohbriefen miss-brauchen, gesteht ein Mitarbeiter von bremen multimedial e.V. – ein Zusammenschluss von sieben Bremer Firmen, die das Projekt realisiert haben. Das Durchlesen der mails hält man jetzt allerdings in Datenschutzkreisen für bedenklich. Schließlich sei ein E-mail-Provider ein Telekommunikationsdienst, das das Fernmeldegeheimnis zu wahren hätte. Eine Frage, die noch geklärt werden muss.

Zumindest ist die taz dank dieser Unklarheit an das Foto des Bürgermeisters und des Bürgerschaftspräsidenten gekommen: Zwar kam vormittags nur die obere Hälfte des Fotos an (auch bei hochmodernen Multimediafirmen läuft nicht immer alles glatt) aber bremen multimedial fand das Bild noch im Speicher und konnte es komplett zusenden.

Nina Gessner