US-Botschaft brennt in Kabul

Wütende Proteste gegen die USA in Afghanistan. Taliban-Führer droht Amerika. Pakistan sperrt Konten mutmaßlicher Terrorunterstützer. Iran lehnt Zusammenarbeit mit USA ab

KABUL/ISLAMABAD/TEHERAN dpa/afp/rtr ■ Mehrere tausend Afghanen haben gestern gegen die USA demonstriert und die verlassene US-Botschaft in der Hauptstadt Kabul in Brand gesteckt. Die Demonstranten stürmten das Botschaftsgelände, zündeten Autos an und schlugen mit Holzlatten auf Symbole der USA ein.

Der oberste Taliban-Führer Mullah Omar warnte die USA vor einer Konfrontation. „Amerika ist sehr stark. Aber selbst wenn es doppelt so stark wäre, wäre es nicht stark genug, um uns zu besiegen“, sagte er dem US- Sender Voice of America.

Unterdessen haben sich die Kämpfe zwischen den Taliban und der Nordallianz auf den Westen Afghanistans ausgeweitet. Taliban-Gouverneur Chairullah Chairchwa sagte, die Nordallianz habe in der Provinz Badghis angegriffen, sei aber zurückgeschlagen worden. Dagegen sagte ein Sprecher von Mohammad Fahim, dem Militärchef der Nordallianz, die bewaffnete Opposition habe in der Provinz Takhar sechs strategische Positionen der Taliban erobert.

Durch die Mobilmachung der Taliban-Milizen vor einem möglichen US-Angriff lockern sich offenbar die strengen Sitten in Afghanistan. In der Provinz Paktia hätten die Bewohner nach dem Abzug der Taliban erstmals seit fünf Jahren wieder Musik gespielt und Lieder gesungen, berichtete die pakistanische News unter Berufung auf afghanische Flüchtlinge. Die Taliban hatten nach der Machtübernahme 1996 Musik und Fernsehen verboten und Frauen gezwungen, sich nur noch im Ganzkörperschleier in der Öffentlichkeit zu zeigen.

Im Nachbarland Pakistan sind bei einem Überfall auf eine proamerikanische Versammlung in der Hafenstadt Karachi gestern mindestens zwölf Menschen verletzt worden. Die Angreifer schossen auf Teilnehmer der Veranstaltung zur Unterstützung der US-Kampagne gegen den Terror und schleuderten eine Handgranate in die Menge, teilten die Behörden mit.

Die pakistanische Regierung hat derweil die Bankkonten von zwei fundamentalistischen Organisationen sperren lassen. An alle Banken sei die Order ergangen, die Guthaben der angeblich karitativen Organisation Al Rashid Trust und der in Kaschmir kämpfenden Muslimgruppe Harakat ul-Mudschaheddin zu sperren, sagte ein Sprecher der Pakistanischen Zentralbank in Islamabad. Beide Organisationen stehen auf der Washingtoner schwarzen Liste derer, die vermutlich mit dem islamischen Extremistenführer Ussama Bin Laden und seiner Terrorgruppe Al Qaida zusammenarbeiten.

Der Besuch des britischen Außenministers Jack Straw hat die iranische Führung nicht umgestimmt. Iran werde den USA und ihren Verbündeten bei Militärangriffen gegen Afghanistan „keinerlei Hilfe“ leisten, sagte der geistliche Führer, Ajatollah Ali Chamenei, gestern in einer Rundfunkansprache. „In den vergangenen 23 Jahren habt ihr ständig iranische Interessen attackiert. Wie könnt ihr es da wagen, unsere Hilfe zu verlangen, um ein muslimisches Land anzugreifen und Afghanistan zu unterdrücken, das unser Nachbar ist?“, schimpfte Chamenei. Stattdessen sprach er sich für eine führende Rolle der Vereinten Nationen aus. Irans Präsident Mohammed Chatami bezeichnete US-Präsident George W. Bush als „arrogant“. Laut Nachrichtenagentur Irna kritisierte Chatami in der Teheraner Universität, Bush maße sich an, „zwischen den Guten und den Bösen unterscheiden zu können“.