„Besonnenheit ist die erste Pflicht“

Ein Gespräch mit dem amerikanischen Terrorismus-Experten und Regierungsberater John Reynolds

taz: Der amerikanische Präsident George W. Bush wird derzeit für sein umsichtiges Verhalten gelobt. Er hat angekündigt, dass die USA verschiedene Maßnahmen in ihrem Krieg ergreifen wollen – militärische wie diplomatische. Von manchen würden Bilder ins Fernsehen gelangen, von anderen nicht, und von einigen werde man niemals erfahren. Womit müssen wir in den nächsten Wochen oder vielleicht sogar Jahren rechnen?

John Reynolds: Mit besonnener Strategie. Besonnenheit ist die erste Pflicht.

Ja?

Und mit geheimen Geheimoperationen.

Sir?

Jedenfalls mit allerlei besonderen Maßnahmen.

Geben Sie doch mal ein Beispiel.

Na gut: Es ist zum Beispiel nicht allen Spezialeinheiten anzusehen, dass sie Spezialeinheiten sind. Da sind Kommandos, die sich als Rentner tarnen. Die wiederum geben sich als Touristen aus und erledigen dann ihre Aufträge . . .

Was für Aufträge?

Well, sie stellen sich in Warteschlangen auf Flughäfen an und streuen verdächtig wirkenden Personen Juckpulver in den Kragen. Wer sich wie verrückt kratzen muss, kann nichts anstellen.

Das ist raffiniert.

Ja. Und besonnen! Das muss man immer wieder betonen: be-son-nen. Bush ist kein Clinton. Seine Administration ist sehr daran interessiert, klug zu handeln.

Sie meinen, es wird gar keine Bombardierungen oder ähnliches geben?

Genau. Das wäre ja äußerst unbesonnen und macht überhaupt keinen guten Eindruck.

Nennen Sie eine weitere besonnene Maßnahme.

Die USA werden erstmals umfangreiche Lebensmittellieferungen in diverse terrorismusanfällige Regionen der Welt veranlassen.

Das ist sicherlich notwendig, aber was ist der Trick dabei?

Der Speiseplan! Kein Reis, kein Getreide, nichts davon. Stattdessen cream cheese aus der Tube, marshmellow dip vanilla, Erdnussbutter – in wenigen Monaten sind die Leute so fett wie die Amerikaner und können nicht einmal ein Schnuppertraining in einem Bin-Laden-Ausbildungslager durchstehen.

Heißt es deshalb ständig, dass sich die Operation Enduring Freedom über einen langen Zeitraum hinziehen wird?

Selbstverständlich. Das ist schon an der Wortwahl zu erkennen: to endure, das bedeutet schließlich auch „erleiden“ und „aushalten“. Denken Sie doch nur an die Sprachkurse, die es jetzt für unsere FBI- und CIA-Angehörigen gibt, damit das ganze konfiszierte arabischsprachige Material überhaupt ausgewertet werden kann. Glauben Sie, das sei in ein paar Wochen zu lernen? Diese komischen Kehllaute, dieses Gekrächze? Und dann gibt es auch noch eine Vielzahl von Dialekten. Außerdem ist da noch die Schrift! Nichts kann man da lesen, rein gar nichts! Nicht mal Zahlen! Haben Sie als Rechtshänder mal probiert, von rechts nach links zu schreiben? Man ist ständig mit Tinte beschmiert. Das macht einen ganz wahnsinnig, da kriegt man Wutanfälle, und man muss sich schon ganz schön zusammenreißen, um bei so einem verdammten Scheißgekritzel –

Mr. Reynolds!

Ist doch wahr. Aber wenn das erst einmal erledigt wird, dann können wir manipulierte Videoansprachen von Ussama Bin Laden herstellen, in denen er erklärt, sein altes Millionärsleben wieder aufnehmen zu wollen. Diese Filme bringen wir bei CNN unter.

Aber wer soll denn als Bin Laden auftreten?

Well, wir haben da schon jemanden im Auge. Aber das ist geheim. Ich sage ihnen nur soviel: Danny de Vito hat auch schon einmal sehr viel mehr gegessen als in diesen Tagen . . .

Mr. Reynolds, wir danken ihnen für das Gespräch.

DAS INTERVIEW FÜHRTE

CAROLA RÖNNEBURG