Einsatz unter deutscher Führung

Der Bundestag hat gestern die Beteiligung an der neuen Nato-Mission in Mazedonien im Schnellverfahren mit großer Mehrheit beschlossen

aus Berlin BETTINA GAUS

Es war Kanzlerberater Michael Steiner, der gestern vor die Presse trat, um offiziell die Entscheidung der Bundesregierung über die deutsche Beteiligung am Nato-Einsatz in Mazedonien zu verkünden – und nicht der Verteidigungsminister. Rudolf Scharping hatte seinen Medienauftritt schon am Vortag gehabt: als er die Koalition in Berlin und die Nato in Brüssel mit seiner öffentlich geäußerten Vermutung aufschreckte, am Mittwoch werde die Allianz im Zusammenhang mit dem Kampf gegen den Terrorismus „sehr wahrscheinlich“ den Bündnisfall feststellen. Das tat der Nato-Rat keineswegs. Aber er beschloss andere Dinge, die vom deutschen Verteidigungsminister in nächster Zeit ein besonderes Maß an Umsicht und die nüchterne Abwägung seiner Worte verlangen dürften.

Deutschland wird zum ersten Mal die Führungsrolle bei einem Nato-Einsatz außerhalb des Bündnisgebietes übernehmen. Mit bis zu 600 Soldaten beteiligt sich die Bundeswehr an der zunächst auf drei Monate festgelegten Mission, die angesichts der globalen Entwicklung heikler werden kann als zunächst vermutet. Noch muss zwar abgewartet werden, welche Auswirkungen mögliche Militäroperationen in anderen Teilen der Welt auf das Engagament der Nato und insbesondere der USA auf dem Balkan haben werden – folgenlos dürften die Ereignisse jedoch nicht bleiben. Extremisten könnten auszunutzen versuchen, dass die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit gegenwärtig anderen Regionen gilt.

Die zuständigen Gremien, Fraktionen und der Bundestag haben gestern die Zustimmung zur neuen Nato-Mission in einem ungewöhnlichen Eilverfahren innerhalb von nur wenigen Stunden über die Bühne gebracht. In der Parlamentsdebatte wurde dennoch deutlich, dass den Außenpolitikern über Parteigrenzen hinweg sehr wohl bewusst ist, welche Probleme der Einsatz bringen kann. Die Risiken seien „im Zweifel größer“ als beim letzten Nato-Mandat in Mazedonien, erklärte Rudolf Scharping. Das „Recht auf Nothilfe“ betonte der CDU-Politiker Volker Rühe, Außenminister Joschka Fischer sprach sogar von der „Pflicht zur Nothilfe“: Gemeint ist damit die Tatsache, dass ausländische Soldaten bei gewaltsamen Übergriffen auf die Bevölkerung eingreifen dürfen, um Zivilisten zu schützen – ein Gebot der Humanität, das zugleich die Gefahr birgt, ungewollt zur Konfliktpartei zu werden.

Bei der Abstimmung über das letzte Nato-Mandat in Mazedonien, das die Einsammlung von freiwillig abgegebenen Waffen der Rebellen regelte, hatte die rot-grüne Bundesregierung keine eigene Mehrheit. Gestern war die Zahl der Skeptiker kleiner – nicht zuletzt deshalb, weil der UN-Sicherheitsrat den Einsatz ausdrücklich gebilligt hat. Das begrüßte auch die PDS, die als einzige Fraktion der geplanten Nato-Operation nicht zustimmte. „Es ist kein Blauhelmeinsatz“, begründete Wolfgang Gehrcke die Bedenken. Das ist eine sehr viel zurückhaltendere Kritik als bei anderen Nato-Einsätzen.