Warhols Weg

1928 wird Andy Warhol (eigentlich Andrew Warhola) am 6. August als dritter Sohn der Einwanderer Andrej und Julia Warhola in Pittsburgh, Pennsylvania, geboren. Die Eltern stammen aus Miková bei Medzilaborce, dem heutigen slowakischen Grenzgebiet zur Ukraine. Der Vater, ein Bergarbeiter, kam 1913 in die USA, die Mutter 1921. Sie verdient sich ihr Geld mit Putzarbeiten und verkauft Papierblumen, bemalte Ostereier und andere kunstgewerbliche Gegenstände, die sie selbst herstellt.

1945 beginnt Andrew Warhola am Pittsburgher Carnegie Institute of Technology „grafische Gestaltung“ zu studieren. Seinen Abschluß macht er im Jahr 1949.

Im Sommer 1949 siedelt er nach New York um, wo er als Werbegrafiker für Zeitschriften wie Vogue, Seventeen, The New Yorker und Harper’s Bazaar arbeitet. Außerdem gestaltet er für Unternehmen wie Tiffany oder Bergdoff & Goodmann Schaufenster, Vitrinen, Annoncen sowie Buch- und Schallplattenhüllen (etwa für das Jazzlabel Blue Note). In dieser Zeit streicht Andrew auch den letzten Buchstaben seines Nachnamens und nennt sich von nun an Andy Warhol.

1950 zieht seine Mutter mit in seine New Yorker Wohnung an der Ecke 75th Street 3rd Avenue ein, nachdem Vater Andrej schon 1942 gestorben ist. Bis 1971 bleibt sie bei ihrem Sohn wohnen.

Seine erste Einzelausstellung findet 1952 in der Hugo Gallery statt. Warhol zeigt Illustrationen zu Kurzgeschichten von Truman Capote. Im gleichen Jahr erhält er für seine Zeitschriftengestaltungen erstmals einen Preis durch den Art Directors Club.

1953 ziehen Warhol und seine Mutter in eine größere Wohnung an der 34th Street, wo er weiter vor allem Blumen, Tiere und Schuhe für Katzen und Kinderbücher zeichnet.

1956 unternimmt Warhol eine Weltreise, die ihn unter anderem nach Japan, Indonesien, Indien, Ägypten und nach Europa bringt.

Weil er mit seiner Nase unzufrieden ist, lässt er sie 1957 chirurgisch korrigieren. Mittlerweile ist er einer der bestbezahlten Werbegrafiker New Yorks. Auf dem Höhepunkt dieses Erfolgs gründet er die Firma „Andy Warhol Enterprises“ mit Zweigstellen in Philadelphia und Chicago. Die Zeitschrift Women’s Daily Wear ernennt ihn zum „Leonardo der Schuhindustrie“. Mit seiner Mutter zieht er in das neu erworbene Stadthaus an der Lexington Avenue.

1960 beginnt Warhol seine ersten Gemälde mit Motiven aus Comicstrips: Batman, Nancy, Dick Tracy, Popeye und Superman. In diesem Jahr stellt er seine Bilder auch im Schaufenster des New Yorker Kaufhaus Macy’s aus.

Die Castelli Gallery zeigt 1961 Gemälde von Roy Lichtenstein, die Warhol an seine eigenen Bilder erinnern. Er wechselt die Motive und arbeitet mit Konsumartikeln wie Coca-Cola oder Campbell’s Soup.

1962 entstehen neben den ersten Serien mit siebgedruckten Motiven von „Campbell’s Soup Cans“ und den Portraits von Elvis Presley auch Bilder der im Jahr zuvor verstorbenen Marilyn Monroe sowie die „Desaster“-Bilder nach Zeitungsfotos von schweren Autounfällen.

Warhols Weg II

1963 tauscht Andy Warhol sein graues Haarteil, das er seit den Fünfzigerjahren trägt, gegen eine silberweiße Perücke. Er beginnt 16-mm-Filme zu drehen. In „Sleep“ filmt er über fünf Stunden den Schlaf von John Giorno. Er produziert den Film „Blow Job“, der 35 Minuten das Gesicht eines jungen Mannes zeigt, während er Oralsex bekommt. Zwischen 1963 und 1972 stellt Warhol 49 Filme fertig. Er bezieht ein Atelier an der 231st East 47th Street: Die „Factory“ wird Treffpunkt der New Yorker Musikszene und zum Auffangbecken für Transvestiten und Drop-outs. Nach dem tödlichen Attentat auf John F. Kennedy am 22. November in Dallas beginnt Warhol mit den „Jackie“-Porträts.

Mit seiner Ausstellung nachgebauter Verpackungen von Cornflakes und Brillo-Waschmittel wird Warhol 1964 zum Star der US-Pop-Art.

1965 lernt Warhol die Gruppe The Velvet Underground kennen, die er in seiner Show „The Exploding Plastic Inevitable“ auftreten lässt. Zwei Jahre später gestaltet er das Cover der Debüt-LP von Velvet Underground mit einer abziehbaren Banane.

Am 3. Juni 1968 wird Warhol von Valerie Solanas, einer von der „Factory“ abgewiesenen Dichterin und feministischen Aktivistin („Society for Cutting Up Men“), angeschossen und lebensgefährlich verletzt. Das Moderna Museet in Stockholm zeigt die erste europäische Retrospektive seiner Werke.

1969 erscheint die erste Ausgabe von Warhols Film- und Societyzeitschrift Interview, in der unter anderem Bruce Weber und Robert Mapplethorpe erste Fotos veröffentlichen. Bis 1986 steigt die Auflage des Magazins auf 170.000 Exemplare.

1972 stirbt Julia Warhola achtzigjährig in Pittsburgh.

1974 wird die „Factory“ in „The Office“ umbenannt. Bis zu seinem Tod legt Warhol 610 Kartons mit privaten Dingen an, „Time Capsules“ genannt.

Ab 1977 arbeitet Warhol an „Oxidations“, für die er auf Metallplatten pinkelt. Sie werden 1982 auf der documenta VII ausgestellt.

1982 entwirft Warhol das Plakat für Rainer Werner Fassbinders Film „Querelle“, außerdem dreht er Videoclips für Bands wie The Cars. Parallel arbeitet er mit Jean-Michel Basquiat an den „Collaborations“-Bildern.

1986 geht MTV mit „Andy Warhol – Fifteen Minutes“ auf Sendung, in der er Berühmtheiten empfängt.

Am 22. Februar 1987 stirbt Andy Warhol an den Folgen einer Gallenoperation. Er wird in Pittsburgh beerdigt. Dort befindet sich auch das Andy Warhol Museum.

Die „Andy Warhol Retrospektive“ in der Neuen Nationalgalerie Berlin, Potsdamer Straße 50, zeigt vom 6. Oktober bis zum 6. Januar 2002 160 Bilder und 80 Zeichnungen Warhols. Der Katalog kostet 39 Mark.

Die Ausstellung „Andy Warhol – Altered Images, Fotoarbeiten von Christopher Makos“, der die Fotos auf diesen Seiten entnommen sind, ist bis zum 4. November in der Galerie Pictureshow, Oranienburger Str. 27, in Berlin-Mitte zu sehen. hf