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Profil-Oberstufe erst 2004

■ „Schrittweise“ sollen die gymnasialen Oberstufen ihre Struktur verändern: Weniger „Beliebigkeit“, mehr Profil, mehr fächerübergreifendes Lernen. „Wie Gy Veg“ steht in dem neuen Stufenplan der Bildungsbehörde

„Ab dem Schuljahr 2002/2003 verbindlich“, so steht es noch in internen Papieren der Bildungsbehörde, sollte die Reform der gymnasialen Oberstufe sein: Weniger Wahlfreiheit, stattdessen „mehr soziale Bezüge“, also feste Lerngruppen in sogenannten „Profilen“ war das Ziel, „Profiloberstufe“ das klingende Etikett.

„Wir müssen alle Schulen mitnehmen, wenn es nicht nur ein Etikettenwechsel sein soll“, sagt jetzt der Abteilungsleiter Bildung, Gernot Lückert. Nach Rücksprache mit den Schulen und auch mit den Kultusministerien in Niedersachsen und in Hamburg hat die Behörde im September den Zeitplan drastisch korrigiert: Erst im Schuljahr 2004/2005 soll das neue System flächendeckend umgesetzt werden. Unter dem Datum vom 7. September hat die Behörde einen „Stufenplan“ entworfen, der einzelne Schritte auf dem Weg zu dem Ziel formuliert und den Schulen Spielraum zur Mitgestaltung gibt. Dringendstes Problem, so Lückert: Das rücksichtslose Werben der Schulen um die Leistungskurse in der 11. Klasse soll beendet werden. Bisher boten die gymnasialen Oberstufen Leistungskurse auch dann an, wenn aus Vorjahren absehbar war, dass die Mindestzahl der Anmeldungen nicht erreicht wird. Da die SchülerInnen sich beim Wechsel von der 10. Klasse in die 11. an einem Sek-II-Schulzentrum oft mit Freunden orientieren, wählen viele dann lieber ein anderes Leistungsfach, als noch einmal den Schulstandort zu wechseln. Wenn sich an drei Schulen jeweils nur vier oder sechs Schüler für den Leistungskurs in „kleinen“ Fächern wie Chemie oder Französisch angemeldet haben, konnte es bisher passieren, dass keiner dieser Schüler „sein“ Fach wirklich bekam - obwohl bei rechtzeitiger Steuerung die Anzahl insgesamt für einen Leistungskurs gereicht hätte.

Am 1. November soll die Bildungsdeputation nun beschließen, dass die Schulen sich für die Fächer, die regelmäßig auf der Kippe stehen, in den Regionen einigen müssen. Wer einen bestimmten Leistungskurs wählen will, soll wissen, an welchem Standort „sein“ Fach auf jeden Fall zustande kommt. Nachbarschulen müssen darauf verzichten, mit einem unrealistischen Parallel-Angebot Schüler auf ihren Standort zu lokken.

Vom nächsten Schuljahr an sollen die Oberstufen nach dem Stufenplan der Behörde gleichzeitig „beginnen, Entwicklungselemente der Profiloberstufe“ zu erproben. Dazu gehört einerseits, die „totale Beliebigkeit“ (Lückert) in der Fächerwahl zu reduzieren.

Andererseits gehört dazu „fachübergreifender Unterricht“ in Projekten. Was das bedeutet, ist in den Papieren der Bildungsbehörde bisher wenig deutlich geworden. Kritiker der Behörden-Pläne hatten daher sogar den Vorwurf erhoben, die Behörde treibe mit dem Wort „Profiloberstufe“ Etikettenschwindel, weil damit an Modellschulen wie der Max-Brauer-Schule in Hamburg oder dem Gymnasium Vegesack ganz stark fächerübergreifender Unterricht gemeint ist. „Vegesack ist unser Vorreiter“, versichert jetzt Schulrat Lückert. Dort ist in jahrelanger Vorarbeit und in Kooperation von Lehrerkonferenz und Schülervertretern ein ganz anderes Modell von Oberstufe entwickelt worden. „Wege zur Welt“ heißt da zum Beispiel eines der „Profile“ für die gymnasiale Oberstufe. Wer sich dafür entscheidet, muss drei Jahre lang Englisch als Leistungsfach und daneben Philosophie und Darstellendes Spiel nehmen. Etwa ein Drittel des Fachunterrichtes dieser Profil-Fächer wird genutzt, damit SchülerInnen n „Projekten“ selbständig in Gruppen arbeiten lernen und sichdabei mit Themen befassen, bei denen eine sinnvolle Verknüpfung der drei Fächer erprobt werden kann. Im Profil „Mensch“ werden die klassischen Fächer Biologie (als Leistungsfach), Kunst und Pädagogik miteinander verbunden. Profil „Prozesse und Modelle“ heißt: Mathematik, Biologie, Wirtschaftslehre.

In Vegesack erzwang die geringere Jahrgangsbreite der gymnasiale Oberstufe die Einschränkung der Wahlfreiheit. Gleichzeitig hat das Vegesacker Gymnasium aber mit dem neuen Modell einen gehörigen Vorsprung vor anderen bremischen Schulen. Unter „Erprobung von Einzelelementen der geplanten Weiterentwicklung“ steht in dem Stufenpapier der Bildungsbehörde: „fachübergreifendes Arbeiten“ und „Projektkurs“. Das soll an den anderen Schulen erst ab 2004 verbindlich werden. Und auch die „Umgestaltung des Einzelkursangebotes zu einem Angebot von fachinhaltlich definierten Profilen“ soll, so steht es in dem Stufenplan der Bildungsbehörde, „wie Gy Veg“ vorangetrieben werden. K.W.

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