Schily setzt noch eins drauf

Der Bundesinnenminister legt sein zweites Anti-Terror-Paket vor: Von Fingerabdrücken im In- und Ausland über Verzicht auf Abschiebeschutz für Verdächtige bis zu einer neuen Kronzeugenregelung für Radikal-Islamisten. Grüne: „Im Grundsatz einig“

von JEANNETTE GODDAR

Ganze acht Tage waren seit den Anschlägen in den USA vergangen, als Innenminister Otto Schily (SPD) dem Bundeskabinett sein erstes Paket mit Anti-Terror-Maßnahmen präsentierte. Nun, keine drei Wochen später, liegt das zweite Bündel vor. In dem 48-Seiten-Papier enthalten sind gleich eine ganze Reihe Vorhaben, die Paket Nummer eins als harmloses Vorläufermodell erscheinen lassen.

Als wesentliches Element setzt das „Sicherheitspaket zur Terrorismusbekämpfung“ bei der Kontrolle der bundesdeutschen Außengrenzen an. Damit „die Einreise extremistischer Straftäter unterbunden wird“, sollen ausländischen Visa-Antragstellern künftig generell Fingerabdrücke abgenommen werden, die mitsamt der Entscheidung und Lichtbild in einer Kartei gespeichert werden. Die Zugriffsrechte auf das Ausländerzentralregister sollen erweitert werden. Regelmäßig überprüft und damit möglicherweise auch persönlich aufgesucht werden sollen auch die – für die Einreise aus vielen Ländern nötigen – „Einladenden“ in Deutschland.

Der Bundesgrenzschutz (BGS) soll nach Schilys Willen aufgestockt und künftig nicht mehr bis zu 30, sondern bis zu 50 Kilometer entfernt von der Außengrenze tätig werden dürfen. Ferner soll dem BGS ein generelles Recht erteeilt werden, jederzeit jedermanns Personalien überprüfen zu dürfen – so man „sachdienliche Hinweise“ erwartet.

Flüchtlinge, die im Rahmen der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) in Deutschland sind, werden künftig ohne Unschuldsvermutung auskommen müssen: Laut Schilys Konzept soll eine Abschiebung bereits angeordnet werden können, wenn sie „schwerster Verbrechen verdächtig sind“. Abgeschoben werden darf auch in Länder, in denen es die Todesstrafe gibt. Bisher wird der Abschiebeschutz für GFK-Flüchtlinge nur aufgehoben, wenn sie „eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik“ darstellen oder zu einer mindestens dreijährigen Haft verurteilt wurden. Fingerabdrücke und Sprachanalysen von Asylbewerbern sollen bis zu zehn Jahre gespeichert werden; die Religion ins Ausländerzentralregister aufgenommen werden.

Auch jeder Deutsche soll allerdings einen Fingerabdruck abgeben müssen; diese sollen im Pass gespeichert werden. Daten sollen freier fließen können: Schily möchte eine „Verbunddatei“ erstellen, über die sich das Bundeskriminalamt und die Geheimdienste austauschen können. Wieder eingeführt und dabei erheblich ausgeweitet werden soll außerdem eine Regelung, die – außer im Bereich Drogenkriminalität – als Teil des rot-grünen Koalitionsvertrags 1999 abgeschafft worden war: Mit Hilfe einer Kronzeugenregelung soll Mitgliedern radikal-islamischer Netzwerke „die Zusammenarbeit mit den Strafverfolgungsbehörden schmackhaft gemacht werden“. Die Grünen hatten die Regelung vor allem im Hinblick auf die oft zweifelhafte Glaubwürdigkeit der Mitteilungsbedürftigen jahrelang als wenig effektiv abgelehnt. Auch der kleine Parteitag beschloss, sie nicht wieder einführen zu wollen.

Darüberhinaus regt sich von Seiten des kleineren Koalitionspartners bisher wenig Kritik: Man sei sich „im Grundsatz einig“, erklärte Fraktionschefin Kerstin Müller; lediglich bei „einzelnen Maßnahmen“ gäbe es noch Gesprächsbedarf. Wie bereits das erste Anti-Terror-Paket, das bis zum Kabinettstisch nur eine Woche brauchte, soll auch das zweite „zeitnah“ vorgelegt werden.