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300 Kongolesen können mächtig irren

Am Montag beginnt in Äthiopien der „innerkongolesische Dialog“, bei dem Kongos Kriegsparteien und zivile Gruppen sich versöhnen und das Land neu ordnen sollen. Das ohnehin umstrittene Treffen wurde mangels Geldes abgespeckt

BRÜSSEL taz ■ Am Montag beginnt in Äthiopiens Hauptstadt Addis Abeba endlich der „innerkongolesische Dialog“, bei dem die politischen Kräfte der Demokratischen Republik Kongo sich versöhnen und ihr in drei Jahren Krieg zerrissenes Land wieder vereinen sollen. Aber der Erfolg des Treffens ist fraglich. Das im August vereinbarte Konzept, dem zufolge 300 bis 400 Delegierte 45 Tage konzentriert über die zukünftige politische Ordnung des Kongo diskutieren sollen, ist nicht mehr haltbar.

Nach dem neuesten Plan des internationalen Kongo-Vermittlers Ketumile Masire werden am 15. Oktober nur die Mitglieder von fünf Arbeitsgruppen (Verfassung, Sicherheitsfragen, Wirtschaft, Kultur, nationale Versöhnung) zusammenkommen; ein Plenum gibt es irgendwann später. Masires Büro hat von internationalen Gebern erst wenig mehr als ein Viertel der für den Dialog angesetzten 8 Millionen Dollar bekommen und kann sich daher keine Vollkonferenz leisten. Positiv wirkt sich das lediglich in dem Sinne aus, dass die Teilnehmer des Dialogs keine Tagessätze kriegen – das wäre ein Anreiz gewesen, die Gespräche lange dauern zu lassen.

Das frustriert zahlreiche Politiker und Vertreter der Zivilgesellschaft. Schon vor der Verkleinerung des Dialogs waren beispielsweise die im Kongo sehr mächtigen Kirchen darüber empört, dass sie nicht eingeladen wurden. Eine „Koordination der Dachverbände der politischen Opposition“ aus 118 Parteien in Kinshasa hat gegenüber Masire protestiert, dass die unbewaffnete Opposition gegen Kabila beim Dialog unzureichend vertreten sei.

Auch die Exilkongolesen fühlen sich missachtet – Gerard Kamanda wa Kamanda, einst Außenminister des 1997 gestürzten zairischen Diktators Mobutu und seitdem im Exil, drohte Masire im August in einem Brief: „Es wäre bedauerlich, wenn man aus Ihrer Führung der innerkongolesischen Verhandlungen schließen müsste, dass man zu den Waffen greifen muss, um ernst genommen zu werden.“ Die Menschenrechtsliga der Provinz Kasai kritisiert die „Abwesenheit demokratischer Kriterien“ bei der Bestimmung der Delegierten der Zivilgesellschaft. Es werden offenbar auch Teilnehmerplätze verkauft. Raphael Kumbu ki Lutete, Präsident einer „Nationalen Allianz der Demokraten für Wiederaufbau“ (Anader) hat berichtet, dass man ihm Geld für seinen Sitz in Addis Abeba geboten hätte.

Besonders umstritten ist die Nichtbeteiligung der Mayi-Mayi-Milizen – jener irregulären Milizen, die im Osten des Kongo gegen die dort herrschenden Rebellen kämpfen. Angesichts ihrer Stärke finden heute alle, dass diese bisher nicht anerkannte Kraft an den Gesprächen beteiligt sein müsste. Aber während die Regierung, die die Mayi-Mayi unterstützt, eine eigene Mayi-Mayi-Delegation will, meinen die Rebellen, dass die Regierung innerhalb ihrer eigenen Delegation Raum für die Mayi-Mayi schaffen sollte.

Es gibt auch Kritik am geplanten Ablauf des Dialogs. Die Plenardebatten finden hinter verschlossenen Türen statt. Das Risiko ist groß, dass die in Addis Abeba tagenden Delegierten sich in ein Übergangsparlament verwandeln, das alle möglichen Beschlüsse unter Ausschluss der Öffentlichkeit trifft.

Und was steht am Ende des Dialogs? Es soll eine allseits anerkannte Übergangsregierung geben, aber während Präsident Kabila dabei im Amt bleiben will, lehnen die Rebellen und zahlreiche Zivilgesellschaftler dies ab. In den USA, Frankreich und Belgien herrscht jedoch die Meinung vor, dass eine Auswechslung Kabilas zugunsten eines anderen Warlords nicht zur Stabilität des Kongo beitragen würde.

Das Hauptproblem ist, dass keine Partei im Kongo Herr ihres Schicksals ist. Für Simbabwe, Kabilas militärischen Hauptverbündeten, steht die Position des kongolesischen Präsidenten nicht zur Diskussion. Dass die beiden wichtigsten Führer der kongolesischen Rebellen am 2. Oktober nicht zu einem geplanten Vorabtreffen mit Kabila in Nigeria kamen, wird wiederum in Kinshasa als Beweis dafür gesehen, dass Ruanda und Uganda, Schirmherren der Rebellen, nicht kompromissbereit sind.

So scheint nicht sicher, dass der Dialog bis zu seinem vorgesehenen Abschluss Ende November Ergebnisse bringt. Auch der geplante Termin für den Abschluss des Abzugs aller ausländischen Truppen aus dem Kongo, Februar 2002, steht in Frage. Seit August hat es keine weiteren Truppenrückzüge mehr gegeben. Vielmehr nehmen in den letzten Wochen im Osten des Kongo die Kämpfe wieder zu.

FRANÇOIS MISSER

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