kriegsmenü mit mädchen
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von WIGLAF DROSTE

„Sie Gurkensalat!“ ist eine der sinnlosesten, verblüffendsten und gerade deshalb wirkungsvollsten Beleidigungen, die man von Käpt’n Haddock lernen kann. „Lassen Sie das sein, Sie Gurkensalat!“ – was für grandiose Bestürzungs- und Irritationsergebnisse konnte ich mit dieser Ansprache schon erzielen! Andererseits gehört der Gurkensalat zu den erfreulichsten Vertretern seiner Gattung: die Gurken mit ordentlich Krabben und gehacktem jungem Zwieblauch in einer Schüssel mischen, mit weißem Balsamico, Zitronensaft, reichlich Olivenöl, gemörsertem Pfeffer und Salz abschmecken und die Sache in der zugedeckten Schüssel schön lange durchziehen lassen. Jammi!

Schöne Frauen in meine Küche bitten und sie kompetent füttern: Auch das ist das Glück. Ein intimes Mahl zu zweien ist gleichermaßen hoch zivilisiert wie archaisch: vom Rohen ins Gekochte ins Frohe. Am liebsten aber ist es mir, soweit es mit Rücksicht auf drohende psychische und emotionale Eruptionen möglich ist, alle auf einmal einzuladen, die an meinem Herzen liegen. Ich weiß, dass es Menschen gibt, die das in ihrem Wühltischjargon eine „Omnipotenzfantasie“ nennen. Mit solchen Langweilerinnen und Langweilern gebe ich mich schon lange nicht mehr ab. Das Leben gewinnt ungemein, wenn man sich schlauspielernde Banalitätsschleudern vom Halse hält.

Was man selbst pflückte und erntete, schmeckt inniglicher als alles Gekaufte. Im Wald fand ich Freund Steinpilz: Carpacciodünn geschnitten, mit einer Zehe Knoblauch, einer Schalotte und Salz in Butter gedünstet, kommt er auf den Tisch. Die Mädchen futtern, ich bin selig. Sie plaudern aber auch zu schön: „Was unsere älteren Damen sich doch für sonderbare Vorstellungen von männlicher Sexualität machen! Adrienne Goehler nennt die New Yorker Twin Towers ‚phallisch‘. Phallus klebt allus, oder was?“ – „Ute Scheub halluziniert sich einen männlichen ‚wargasm‘ herbei, als ob ein hin und weg reißender Orgasmus etwas mit Mord und Totschlag zu tun hätte. Dieser Altgirlfeminismus ist nicht mehr auszuhalten!“ – „Genau. Und Viola Roggenkamp dreht völlig am Rad. Hör mal: ‚Die eigene Endlichkeit beginnt mit dem Eintritt ins Leben, und den bewirkt die Frau. Nur aus der Frau kommt die Frau und kommt der Mann. Die Frau ist die Gebärende, durch sie beginnt der Ablauf der eigenen Endlichkeit. Vielleicht hat hier der Frauenhass und Mutterhass in beiden Geschlechtern seinen Ursprung.‘ Das ist doch Quatsch: Ich bedanke mich nicht bei meiner Mama, dass sie mir das Leben schenkte, sondern meckere rum, dass sie mir meine eigene Endlichkeit einbrockte? Die Frau hat doch ein Ei am Wandern!“

So luzide sprechen Mädchen – und versuchen, in meinen spanischen Tontopf hineinzuspinksen. Topfkuckerei aber gestatte ich nicht – sondern bringe den nächsten Gang: Hühnchen in Tomate, mit Ingwer, Chili, Knoblauch, Zwiebeln und einem Schuss Olivenöl angeschoben und ein paar Stunden auf kleiner Flamme gar gesotten, ganz so, wie Gisela Güzel es einst riet: „Reduzier, reduzier, dann schmeckt dir dein Tier.“