das haus der liebesbriefe

„All you need is love“ scheint seit neuestem das Motto der Deutschen Post zu sein. Anders lässt sich ihr inflationärer Umgang mit der Liebe nicht erklären: Auf der kostenlosen Broschüre steht in dicken, schwarzen Buchstaben LOVE; außen am alten Postfuhramt in der Oranienburger Straße ist auf einer Plakette „Die Liebe ist die einzige Kraft gegen den Krieg“ zu lesen. Und das Postfuhramt selbst heißt neuerdings „LoveLettersBuilding“. Zumindest für die nächsten vier Wochen. Noch bis zum 11. November soll die am Wochenende eröffnete Ausstellung laufen. Und wenn sich dabei nicht alles um die Liebe drehen würde, wäre sie an sich auch nichts besonderes. Aber es sind nun mal nur Liebsbriefe, mit denen der Aktionskünstler HA Schult im Auftrag der Post das historische Gebäude komplett verhüllt hat. 35.000 insgesamt, ausgewählt aus über 100.000 eingegangenen, vergrößert und auf feuer- und wasserfeste Folie kopiert. Die „größte Liebesskulptur der Welt“ soll es nun sein, ein „Denkmal der Gefühle im Herzen Berlins“ auf dem „von der Geschichte getränkten Boden zwischen Synagoge und Tacheles“. Doch mit der am 3. Juli 2001 als Aufruf an alle „Freunde und Kunden der Post“, einen Liebesbrief an „wen oder was auch immer zu schreiben“, begonnenen Aktion gab man sich nicht zufrieden. Die Post nutzte die Chance, um im Inneren des Gebäudes unter anderem auch noch eine Ausstellung zur Geschichte des Briefes und eine Schreibberatung für Liebesbriefe einzurichten – unterlegt mit säuselnder Elektronikmusik und ausgelegt mit quietschgelben Teppichen. Das muss man aber nicht gesehen haben. Vorbeilaufen tut’s auch. TOBIAS RECKLING

Geöffnet Samstag und Sonntag 12 bis 22 Uhr FOTO: ROLF ZÖLLNER