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Heimspiel mit starken Sprüchen

Auf dem CSU-Parteitag profiliert sich Edmund Stoiber als Mann der harten Hand und erntet bei der Wiederwahl zum Vorsitzenden mit 96,6 Prozent der Stimmen das beste Ergebnis seiner Laufbahn. Und Angela Merkel grüßt gequält

aus Nürnberg BERND SIEGLER

Da steht er nun, reckt beide Daumen hoch, zeigt sein breitestes Lächeln und formt mit Mittel- und Zeigefinger das „Victory“-Zeichen. Zwei Stunden lang hat Edmund Stoiber einen Ritt durch die Themen innere Sicherheit, Zuwanderung und Schelte der Bundesregierung hingelegt und dabei seine Qualitäten als „blondes Fallbeil“ mehrfach aufblitzen lassen. Sichtlich genießt der CSU-Chef nun die nicht enden wollenden Standing Ovations“ der rund 1.000 Delegierten auf dem CSU-Parteitag in Nürnberg.

Sehen so Sieger aus? In Bayern ja. 96,6 Prozent wählen ihren Edi erneut für zwei Jahre zum Vorsitzenden. Damit bescheren sie ihm sein bislang bestes Ergebnis und verstehen das als Rückenwind für seine Anwartschaft auf die Kanzlerkandidatur. Mit einem kräftigen „Maul halten“ hatte CSU-Generalsekretär Thomas Goppel die Diskussion um die „K-Frage“ ersticken wollen. „Wir haben Wichtigeres zu tun“, hatte auch Stoiber abgewiegelt. Doch viele, nicht nur CSU-Vize Horst Seehofer, halten sich nicht daran und setzen die CDU-Chefin Angela Merkel im Vorfeld ihres Grußwortes vor den „lieben Freunden der CSU“ gehörig unter Druck.

Die lässt Stoiber erst einmal rechts liegen. Als er, umringt von Fernsehteams und Fotografen, zur Begrüßung der CDU-Vorsitzenden schreitet, biegt sie kurz vor Stoiber links ab. Eine geschlagene Viertelstunde lässt sie ihn warten, bevor sie frisch geschminkt und gepudert den CSU-Chef gequält grüßt und in den Saal einzieht. Dort bleibt sie starr am Manuskript und wirkt verkrampft. Am Ende bleibt ihr nur der Ruf nach Geschlossenheit. „Wann immer wir uns drängen lassen, vergeigen wir einen Teil unserer Siegchancen“, mahnt Merkel und bedankt sich bei Stoiber für die „tolle Zusammenarbeit“. Der klettert zu ihr aufs Podium und klatscht eher gelangweilt mit, um den plätschernden Applaus so weit in die Länge zu ziehen, dass es nicht wie ein Affront wirkt. „Alles Gute für Sie und damit –“, Stoiber stockt, „natürlich auch für uns.“

In seiner Grundsatzrede gibt sich der CSU-Chef dann staatsmännisch. „Der Kalte Krieg ist zu Ende, der eiskalte internationale Terror hat begonnen“, macht er mit schneidiger Stimme klar, und natürlich weiß er auch die richtige Antwort auf die „neuen Herausforderungen“: „Sicherheit braucht Glaubwürdigkeit, Kompetenz und Verlässlichkeit. Die CSU war und ist die Partei der inneren und äußeren Sicherheit!“ Stoiber lobt die Bush-Regierung, fordert 50 Milliarden Mark mehr für die Bundeswehr und schreckt auch vor Lügen nicht zurück, um die SPD als sicherheitspolitisches Risiko hinzustellen. Eine „historische Tatsache“ sei das Nein der SPD zu Notstandsgesetzen und Radikalenerlass. Beides hatten die Sozialdemokraten in Wahrheit damals mitgetragen.

Doch, was soll die Wahrheit, wenn es ums Ganze geht. Geschickt verknüpft Stoiber innere Sicherheit mit Zuwanderung. Er bringt die „deutsche Leitkultur“ ins Spiel, fordert die „schnelle Ausweisung“ islamistischer Extremisten und lehnt eine „grundlegende Umgestaltung Deutschlands zum Einwanderungsland“ ab. Demonstranten, auch jene 3.000, die in Nürnberg trotz der kurzfristigen Absage des italienischen Ministerpräsidenten gegen den Schulterschluss von Stoiber mit Berlusconi demonstrieren, nennt er „Gesindel“.

Schröder sei ein „armer Hund“, ein „Schaden für Deutschland“. Als Bundeskanzler habe der zu verantworten, schneidet Stoiber das nächste Thema an, dass Deutschland beim Wachstum europaweit Schlusslicht sei und die Arbeitslosigkeit steige. Im Gegensatz zu Merkel trifft Stoiber damit den Ton der Delegierten. Doch auch er plädiert für „Teamgeist“ in der Union. Wer das Bild der Geschlossenheit störe, der schade „nicht nur der Union, sondern der Zukunft Deutschlands“.

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