Merkel führt letzte Gefechte gegen Stoiber

CDU-Vorsitzende Angela Merkel hält am Zeitplan für die Kür des Kanzlerkandidaten fest. Kritik an ihren Kritikern. SPD rechnet fest mit Stoiber

BERLIN taz ■ Mit deutlichen Worten ist die CDU-Vorsitzende Angela Merkel Stimmen aus der Union entgegengetreten, die sie zum Verzicht einer Kanzlerkandidatur bewegen wollten.

Dabei verband sie ihre Position mit der Lage der Partei in der Union. So erklärte sie gestern in Berlin: „Ich werde es nicht zulassen, dass in der Gesamtdiskussion, auch zur Kanzlerkandidatur, das Gewicht der CDU gegenüber der CSU ins Wanken gerät.“ Vor und nach dem CSU-Parteitag am Wochenende, auf dem CSU-Chef Edmund Stoiber von den Delegierten gefeiert worden war, hatten Abgeordnete Merkel zur Einsicht bewegen wollen. Darunter waren auch Parlamentarier der CDU, so der Sprecher der Gruppe 94, Josef Sebastian. Diese Gruppe hatte nach der Spendenaffäre auch den Kontakt zu Helmut Kohl gesucht. Merkel, so hatte Sebastian erklärt, solle noch vor der Wahl in Berlin am 21. Oktober eine Klärung der Kanzlerkandidatur herbeiführen. Damit scheint sich abzuzeichnen, dass bedeutende Teile der Union mit dem Gedanken spielen, Merkels Chancen mit dem Ausgang der Wahl in der Hauptstadt zu verknüpfen. Nach den letzten Umfragen liegt die CDU in Berlin deutlich hinter Rot-Grün und der PDS. Gestern nun betonte die CDU-Chefin, es bleibe bei dem vom Vorstand beschlossenen Zeitplan. Dieser sieht vor, dass der Kanzlerkandidat erst im kommenden Jahr nominiert werden soll. Eine Reihe von CDU-Politikern ergriff gestern das Wort für Merkel. Der rheinland-pfälzische CDU-Landesvorsitzende Christoph Böhr: „Wer weiter an Frau Merkel herummäkelt und damit das Geschäft des politischen Gegners betreibt, kann nur die Mentalität eines Kamikaze-Fliegers haben!“ Die baden-württembergische Kultusministerin und CDU-Vize Annette Schavan nannte das Verhalten der Kritiker„parteischädigend“ und „für Merkel und Stoiber eine Zumutung“. Auch Thüringens Ministerpräsident Bernhard Vogel (CDU) verlangte, seine Partei und die CSU sollten „sich nicht vom vereinbarten Vorgehen abbringen lassen“. Die Lage der Union war auch Thema der gestrigen SPD-Präsidiumssitzung. Generalsekretär Franz Müntefering betonte, es jetzt klar geworden, dass Merkel „keine wirkliche Chance mehr hat“. Aus seinen Bemerkungen war zu schließen, dass sich die SPD – im Gegensatz zu den Beteuerungen der Union – auf einen Wahlkampf mit Stoiber einstellt. Man werde bis zur Schließung der Wahllokale eine „harte Auseinandersetzung“ mit Stoiber führen. Als Gegner sei er der SPD „herzlich willkommen“. SEV