Krokodil in der Pfanne verrückt

■ Garage in der Seele, Swamp-Pop im Gepäck: DM Bob & The Deficits laden Whisky-Cola-Trinker zum Sumpfbad

Von außen erinnert Fred's Lounge in Mamou/Louisiana eher an ein ganz profanes Toilettenhäuschen. Drinnen aber geht anscheinend öfter mal so richtig die Post ab. Warum sonst sollten die Besucher über handgeschriebene Wandzettel aufgefordert werden, sich doch bitte nicht auf Tische, Stühle, den Zigarettenautomaten oder die Jukebox zu stellen? „Dies“, so heißt es unmissverständlich, „ist keine Dancehall. Wenn ihr euch beim Tanzen wehtut, sind wir nicht verantwortlich.“

DM Bob and The Deficits haben noch nicht in Freds Kaschemme gespielt, aber das Hamburger Trio würde dort hi-neinpassen wie der Arsch auf den sprichwörtlichen Eimer. Das ist kein Wunder, denn Bob Tooke stammt aus Louisiana, und den dort so beliebten Swamp-Pop trägt er in seiner Seele. Gut ein Jahrzehnt ist es nun her, dass die Wirren des Lebens den smarten Hünen nach St. Pauli verschlugen. Dort lernte er Susie Reinhardt und Tanktop kennen, und die Geschichte nahm ihren Lauf. Eine Geschichte mit kleinen Tiefen – der britische Barde Nikki Sudden zum Beispiel ruinierte auf einer gemeinsamen Tour mal den Verstärker mit feins-tem Merlot – und Schwindel erregenden Höhen: Unvergessen, wie der legendäre Radio-Onkel John Peel zusammen mit der Band Merle Haggards Landstraßen-Klassiker „Lonesome Fugitive“ intonierte. Oder wie Tooke anlässlich der Übergabe eines selbst gefertigten Gemäldes die Hand von Tina Turners (charakterlich allerdings zweifelhaftem) Ex-Mann Ike schütteln durfte, woraufhin sich schlagartig sein Gitarrenspiel verbesserte.

Ein paar Platten sind in all den Jahren natürlich auch erschienen, dieser Tage sogar zwei auf einmal: Die eine, Cajun Hot Nuts, wurde vom schweizerischen Trash-Präsidenten Beat „Beat-Man“ Zeller veröffentlicht. Die andere enthält Aufnahmen, die der Zeichner Frank Kozik – entgegen anders lautender Versprechungen – zwei Jahre lang im Gefrierschrank seines Labels „Man's Ruin“ liegen ließ, ehe Tooke, selbst Mitbetreiber der Galerie Art Store, zu dem Schluss kam, mit bildenden Künstlern könne man keine Geschäfte machen. Hamburgs Experten für edelste schmutzige Ware, Fanboy Records, nahmen sich daraufhin der Sache an, der ursprünglich vorgesehene Titel des Werks wurde kurzerhand in Band's Ruin geändert.

Musikalisch bieten beide LPs wenig Neues, und das ist gut so. Wir hören: Garagenvarianten jener Musik, die in Louisiana und Texas schon das große Ding war, lange bevor Elvis überhaupt „That's all right Mama“ kannte. Anti-Anti-Rock, bei dem das Krokodil in der Pfanne verrückt wird. Rumpel-Rhythm'n'Blues und Schunkellieder für Cola-Whisky-Trinker. Live hat das Zeugs die Wirkung eines reinigenden Bades in den Sümpfen des Südens. Für eventuelle Verletzungen, die infolge des Tanzens auf dem Zigarettenautomaten des Marquee auftreten könnten, übernimmt die taz hamburg selbstverständlich keine Verantwortung. Jan Möller

Sonnabend, 21 Uhr, Marquee