President in Gröpelspace

■ Indonesiens Ex-Präsident besucht die Space-Park-Baustelle. Perschau ist auch dabei

Heute wäre er gefundenes Fressen für Rasterfahnder: Student des Flugzeugbaus, aus dem größten muslimischen Land der Erde stammend. Aber als der junge Bacharuddin Jusuf Habibie in den 50er Jahren nach Deutschland kam, war das kein Thema. Und dass er später einmal für 17 Monate Präsident von Indonesien werden würde, hat damals auch noch niemand geahnt.

„Freunde besuchen“, sagte der agile 64-Jährige gestern auf die Frage, was er in Bremen treibe. Gestern war das vor allem ein Freund, der selbst eigens aus Wiesbaden angereist kam: Jürg Köllmann, Projektentwickler des Space Park, hatte Habibie zur Baustellenbesichtigung eingeladen. Man kennt sich aus Indonesien, wo Köllmann eine Maut-Straße baut. Wo denn die Gattin sei, fragt Köllmann, als der zierliche Mann aus der großen Limousine steigt. „Zu Hause“, bei Stade. Dort hatte er gebaut, als er in den siebziger Jahren am Airbus mitbastelte. „Das Seitenleitwerk aus Karbon ist so ziemlich von mir“, erinnert er sich gern zurück. Nun, als Polit-Rentner, will er „drei Monate im Jahr“ in Norddeutschland verbringen.

Wenn Habibie „Freunde“ sagt, meint er Geschäftspartner. „Zum Beispiel den Herrn Lürssen, der uns damals die wunderschönen Fregatten gebaut hat“, sagt er in fließendem Deutsch. Oder die gesamte norddeutsche Luftfahrtindustrie. Namen längst vergangener, wegfusionierter Flugzeugschmieden rezitiert er wie andere Leute Sonett-Zeilen. „Ich kehre hier eigentlich zu meinen Wurzeln zurück“, schwärmt er. Kein Wunder, dass ihn der Space Park interessiert. „Luft- und Raumfahrt: Das ist High-Tech, das steht für Zukunft. Das ist wichtig in einer globalisierten Welt“ – Worte, wie von der Bremer Tourismus-Förderung in den Mund gelegt, aber der Mann, der Diktator Suharto treu als Minister für Forschung und Technologie gedient hat, spricht sie von selbst aus.

Einsatz Hartmut Perschau, Bürgermeister: „Beim Space Park geht es uns auch um eine Image-Korrektur. Wir wollten den Strukturwandel symbolisieren.“ Aber warum er eigentlich beim „Privatbesuch“ des Ex-Staatsmannes ist, weiß der Finanzsenator auch nicht so genau. „Er spielt in seinem Heimatland wirtschaftlich noch eine große Rolle“, orakelt Perschau. Wirtschaftssenator Jupp Hattig hatte Perschau um Vertretung gebeten.

Ob aber Hattig der Richtige gewesen wäre, ist auch nicht sicher. Ob Habibie gestern in wirtschaftlichem Interesse unterwegs war, blieb nämlich unklar. Will der Mann, der 1999 mit Massenprotesten unter Korruptionsverdacht aus dem Amt gejagt wurde, sein Vermögen in das Projekt investieren? Quatsch, sagt Köllmann, ist längst alles in trockenen Tüchern. Allerdings berate der alte Herr seine Söhne beim Investment. Und wer weiß, vielleicht kann man ja in Indonesien etwas Ahnliches aufziehen . . . oder Habibie steigt in die Köllmann AG ein. Dann könnte er Perschau bald im Aufsichtsrat wiedersehen.

Zum Schluss musste der Mann, der sich immer noch am liebsten mit „Herr Präsident“ ansprechen lässt, natürlich noch politisch Stellung nehmen: Wie denn die Stimmung in seiner muslimischen Heimat nach den Anschlägen in den USA sei? Da holte Habibie zwecks Distanzierung die größte Keule raus: „Die Indonesier gehören zur malaiischen Rasse – eine ganz andere Kultur als die arabische.“ Auf arabisch könne er nur beten, ansonsten müsse er sich mit den Arabern auf englisch oder deutsch verständigen. Ein wenig Ursachenforschung betreibt er dann doch: „Solche Anschläge gibt es, weil das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf in den USA 32 mal so hoch ist wie in den arabischen Ländern“, rechnet er vor, „die Unterschiede sind einfach zu groß.“ Jan Kahlcke