berliner szene: Auf der Erotikparty
Unter Pornostars
„Den kenn’ ich! Wie peinlich! Ausgerechnet auf einer schweinösen Party im Rahmen der Erotik-Messe jemanden zu treffen! Was tun!? Der Mann sieht mich auch, und während ich hinter zwei bodygebuildeten Proletenrücken in Deckung gehe, macht er einen Ausfallschritt hinter die lebensgroße Pappfigur einer Strapsmaus. Dann sehe ich nur noch seine Schultertasche hinter der Pappfigur hervorlugen.
Und diese Schultertasche erinnert mich daran: Er ist Fotograf. Also beruflich hier, genau wie ich. Puh! Meine Deckung muss ich ohnehin aufgeben – die Proletenrücken marschieren in Richtung Tanzfläche.
Durch die Diskothek „Chip“ schiebt sich heute merkwürdiges Publikum. Wobei ich nicht weiß, ob es sich wirklich von anderen Abenden unterscheidet. Ich war vorher noch nie in diesem hässlichen Keller unter dem Hilton.
Es hüpfen viele Bikinihäschen auf der Tanzfläche herum: Sie lächeln weißzähnig, schlängeln, lecken und fauchen sich gegenseitig ins Gesicht. Um die Tanzfläche herum stehen Männer und gucken zu. Ein paar haben Digi-Kameras mitgebracht und filmen das Ganze für später, wenn sie alleine sind. Ein narbengesichtiger, kleiner Mann mit Cowboyhut, angeblich ein Pornostar, zieht eine zierliche Asiatin durch die Menge. Welch eine Anmache wäre das: „Bist du auch ein bekannter Pornostar?“. Aber nicht überall angebracht.
Lange halte ich es nicht aus. Ich warte, bis das Büffet eröffnet wird, wackele lustlos an den Puddingbusen herum, greife mir ein Stück Marzipan-Handfesseln und wende mich angeekelt von etwas ab, was sich erst beim zweiten Blick als mit Schokolade überzogene Bananen-Familien-Juwelen erweist. Den Sekt mag ich auch nicht mehr. Muss immer an Natursekt denken. JZ
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