: Topturnier statt Pleite
■ Schockemöhle zieht nach Streit um / German Classics in Hannover
Hannover – Paul Schockemöhle macht's möglich: Aus einer Pleitenveranstaltung wird ein Reitturnier der Spitzenklasse. Die vor zwölf Jahren mit großem Tamtam in Bremen gestarteten German Classics finden an diesem Wochenende erstmals in Hannover statt. Der Einstieg des ehemaligen Reitstars hat die traditionsreiche Veranstaltung in Niedersachsens Hauptstadt vor dem Aus gerettet und mit einem Schlag unter die Top fünf der deutschen Hallenturniere befördert. Die besten Springreit-Profis der Welt satteln zwar fast jedes Wochenende, aber 16 Starter aus den Top 20 der Weltrangliste können nur ganz wenige Veranstaltungen bieten.
Schockemöhles Neuanfang in Hannover ist allerdings nicht ganz freiwillig und hat eine Vorgeschichte. Der Ursprung der Euroclassics liegt in Bremen, wo Schockemöhle mit dem Tennis-Impresario Ion Tiriac 1989 die „Zukunft des Reitsports“ aus der Taufe heben wollte. „Das ist der Sprung in ein neues Turnier-Zeitalter“, kündigte Tiriac damals an, und versprach „Exklusivität und Extraklasse“. Einen Teil dieser Versprechungen musste Tiriac schon nach dem ersten Jahr zurücknehmen, denn Lachsschnittchen und Hummer kamen beim eher bodenständigen Reitpublikum nicht an – genauso wenig wie die am Tennis orientierten Eintrittspreise.
Grund für den Umzug nach Hannover ist aber nicht Tiriacs Ausstieg nach kurzer Zeit, sondern Schockemöhles Streit mit seinem späteren Geschäftspartner Kaspar Funke. „Ich habe mich austricksen lassen“, klagte Schockemöhle, der als einflussreichster Mann der Reitsportszene gilt. Funke hatte dies stets bestritten.
Der sechsmalige deutsche und dreimalige Europameister behielt nach juristischer Klärung aber zumindest den klangvollen Namen German Classics. „Das war meine Idee, daran hänge ich“, sagte der seit langem in mehreren Geschäftsfeldern (Tierzucht und –handel, Spedition etc.) erfolgreiche Schockemöhle.
Während der Konkurrent in Bremen unter dem Namen Euroclassics weiter machte, nutzte Schockemöhle die wirtschaftlichen Probleme in Hannover. Seit dort 1950 das erste große Hallenturnier Deutschlands ausgetragen wurde, gab es immer wieder finanzielle Schwierigkeiten. Zuletzt wagte vor fünf Jahren Jörg Münzner (Hamburg), der für Österreich in Barcelona Olympia-Silber gewann, einen neuen Start – und machte Verluste in sechsstelliger Höhe.
Schockemöhle übernahm und investierte. Zwar sind die German Classics nicht mehr wie in den Anfangsjahren das höchstdotierte Hallenturnier der Welt, aber 600.000 Mark Preisgeld sorgen für ein prominentes Starterfeld. Darunter sind der Weltranglisten-Erste Ludger Beerbaum (Riesenbeck), Weltcup-Sieger Markus Fuchs (Schweiz) und Olympiasieger Jeroen Dubbeldam (Niederlande).
Michael Rossmann, dpa
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