Ja zu Islamunterricht

Berliner Gericht gibt Islamischer Föderation endgültig grünes Licht. Schulsenator muss Niederlage eingestehen – und will Gesetze ändern

BERLIN taz ■ Im Streit um den islamischen Religionsunterricht hat das Berliner Verwaltungsgericht gestern der Klage der Islamischen Föderation stattgegeben. Sie darf nun weiter bekennenden Islamunterricht an Berliner Schulen erteilen.

Bereits im August hatte das Verwaltungsgericht einem Eilantrag der umstrittenen Religionsgemeinschaft entsprochen und die Berliner Schulverwaltung verpflichtet, den Unterricht zum Beginn dieses Schuljahrs zu gestatten. Seit September unterrichtet die Föderation an zwei Grundschulen rund 60 Schüler.

Nach dem endgültigen Richterspruch kündigte Bourhan Kesiçi, Vorsitzender der Religionsgemeinschaft, an, das Angebot im kommenden Schuljahr auf 20 Schulen auszudehnen.

In der Vergangenheit hatte die Berliner Schulverwaltung der Föderation mehrfach die rote Karte gezeigt. Hauptkritikpunkt waren die vorgelegten Unterrichtspläne, in denen insbesondere die Gleichberechtigung der Geschlechter und die Frage der freien Entscheidungsbildung nicht ausreichend verankert sei.

Das Gericht verwies in seiner Urteilsbegründung auf Paragraf 23 des Berliner Schulgesetzes. Demnach ist der Religionsunterricht „Sache der Kirchen, Religions- und Weltanschaungsgemeinschaften“. Da die Islamische Föderation seit 1998 als Religionsgemeinschaft anerkannt sei, habe das Land Berlin „keinen Einfluss auf Unterrichtsinhalt oder Auswahl des Lehrpersonals“. Einwände könnten nur geltend gemacht werden, wenn nachweislich „aktiv zum Verstoß gegen die Gesetze der Bundesrepublik aufgerufen wird“, erläuterte der Vorsitzende Richter. Noch-Schulsenator Klaus Böger (SPD) musste das Urteil zähneknirschend akzeptieren. Er strebt nun erneut „eine Änderung des Schulgesetzes“ an.

Die Kontakte der Islamischen Föderation zur extremistischen Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs waren nicht Gegenstand der Verhandlung. Kritik der Schulverwaltung an mangelnden Kontrollmöglichkeiten versuchte die Islamische Förderation mit demonstrativer Offenheit zu entkräften: „Der Unterricht kann jederzeit, auch unangemeldet, besucht werden“, versicherte ihr Justiziar Abdurrahim Vural. Besuch von der Presse ist jedoch frühestens im Dezember erwünscht – laut Kesiçi aus „unterrichtstechnischen Gründen“.

BETTINA FICHTNER