Esoterische Exkremente

■ Existenzialist des Kabaretts: Der Österreicher Josef Hader gastierte ganz „privat“ im Schauspielhaus

Der Mann betritt allein die große Bühne im Schauspielhaus. Und er füllt sie aus. Einzige Requisiten sind ein Keyboard und ein großes Saunatuch für den Schweiß, der gleich fließen wird. Verschmitzt lächelt er in die Runde – im Publikum sitzen viele Süddeutsche im nordischen Exil – dann gibt er sich ganz „privat“, der österreichische Kabarettist, Autor und Schauspieler Josef Hader. Hierzulande macht sein Film Komm süßer Tod, ein Feuerwerk schwarzen Humors, gerade Furore. Doch auch auf der Bühne ist Hader seit Jahren ein gern gesehener Gast, deutscher Kleinkunstpreis inklusive. Vielen ist sein satirisches Stück Indien noch in guter Erinnerung.

„Ja, bei mir fetzt das nicht gleich so weg vom Beginn“, beginnt er und bittet um Geduld. „Ich hab in der Pause auch schon Dinge erlebt, die mich mehr fasziniert haben.“ Dann spricht er sich frei. Erzählt von seinen Erzeugern, die aus ihm einen Künstler machen wollten und ihn als Existenzialisten in den Fasching schickten. Gegen diese „bornierte Avantgarde“ muss man ja rebellieren, findet er. Hader tat dies mit einem Bausparvertrag und einem gebrauchten Golf GTI, den er eigenhändig auf Opel Kadett frisierte. Zwischendurch setzt er subtile politische Seitenhiebe auf Österreich: „Ja, die Nazis waren eigentlich schon da, aber man sagt, sie sind gekommen.“

Aberwitzig gerät ihm zum Beispiel die unglaubliche Geschichte, die davon handelt, dass er in Paris von dem Ast, der Ödön von Horvath erschlagen hatte, durch die Lüfte in eine österreichische Toilettenschüssel getragen wurde, dort auf esoterische „Scheißtrümmerl“ trifft, die früher einmal „Topfenstrudel“ waren.

Hader ist ein Anarchist des Kabaretts. Ob Exkremente oder Politik – ihm ist alles eins. An keiner noch so politischen Unkorrektheit mogelt er sich einfach vorbei. Und seltsamerweise nimmt man ihm das nicht krumm. Denn er ist immer charmant, abgründig und doppelbödig. Kein Witz ist abgedroschen, nichts, was man schon einmal gesehen hätte. Zu abstrus und surreal sind seine Geschichten.

In der zweiten Hälfte steigert er sich noch. „Topfplanzen, bitte geht spazieren,“ singt er beherzt mit Sonnenbrille, das Schweißtuch sexy um den Hals gewürgt. Wenn Hader sagt „Jeder Kalauer birgt eine innere Wahrheit“, dann hat er Recht. Da hatte er das begeisterte Publikum längst für sich gewonnen. Annette Stiekele