Arme an die Autobahn?

■ Beirat Horn-Lehe lehnt Projekt Holler Landhof ab / Furcht vor Sozialghetto

„Die geplanten Wohnungen sind vor allem für Menschen gedacht, die woanders keine Bleibe mehr finden.“ Diese Auskunft erteilte auf Anfrage das Planungsamt dem Ortsamtsleiter von Horn-Lehe, Ulrich Mix. 150 Wohneinheiten sollen im Rahmen des Projektes Holler Landhof in drei- bis viergeschossiger Riegelbauweise direkt neben der A 28 errichtet werden. Dass die nächtliche Lärmbelastung den DIN-Orientierungswert um ein Beträchtliches überschreitet, haben die Planer in Kauf genommen. Das Planungsamt hatte mitgeteilt, dass es sich bei dem DIN-Wert um einen Ziel- und keinen Grenzwert handelt. Der einstimmig verabschiedete Ablehnungsbeschluss wirft die Frage auf, ob die „offenkundig äußerst großzügig vorgenommene Bewertung der für das Planungsgebiet zulässigen Lärmemission“ etwas damit zu tun haben könne, „dass hier kostengünstiger Mietwohnraum für sozial schwächer gestellte Zielgruppen zur Verfügung gestellt werden soll.“ Für Beiratsmitglied Stefan Quaß (CDU) ist klar: „Unterprivilegierte Gruppen leisten weniger Widerstand.“

Volker Busch-Geertsema von der Gesellschaft für innovative Sozialforschung kennt solche Projekte: „Es gibt nicht nur in Bremen eine Tradition, an Bahngleisen und Autobahnen bewohnte Schallschutzmauern zu errichten, in denen oft Arme wohnen.“

Neuen Planungsspielraum sahen die HornerInnen in der Ankündigung der Deutschen Telekom, das PCB-verseuchte Telekomgebäude an der Leher Heerstraße nach der Sanierung auf jeden Fall zu verkaufen. „Wir werden Teile des Gebäudes abreißen. Ein Gesamtabriss ist aber eher unwahrscheinlich“, sagte Horst Kaminski von der Firma Sireo. Sireo kümmert sich für die Telekom um die künftige Nutzung des belasteten Objekts.

Der Beiratsbeschluss gab der Behörde einige „Prüfaufträge“ mit auf den Weg. Dieter Mazur von den Grünen regte den Gedanken an, doch über eine gewerbliche Nutzung nachzudenken: „Könnte das Areal nicht zu einem Mosaikstein des Technopolis-Konzepts von SPD-Bürgerschafts-Fraktionschef Jens Böhrnsen werden?“ Mit Rücksicht auf Loyalitätskonflikte der Horner CDU spricht der Antrag aber unspezifisch von „technologischer Nutzung“.

Anwesend war auch Carsten Sieling, baupolitischer Sprecher der SPD-Bürgerschaftsfraktion. Er äußerte sich skeptisch zur Forderung nach gewerblicher Nutzung: „Dagegen spricht die isolierte Lage und die fehlende verkehrliche Anbindung.“ Die Baudeputation wird sich am 15. November mit dem Holler Landhof beschäftigen. tg