„Sicherlich Nicht so lecker“

■ Fußballerische Hausmannskost: Bei Grün-Weiß gegen Grün-Weiß war mal wieder Schmalhans Küchenmeister/ Trotzdem schwimmt Bremen nach dem 1:0 weiterhin oben auf der Suppe, die Wölfe dagegen müssen tief unten in der Bratröhre schmoren

Für den fußballerischen Feinschmecker war Bremen der ganz falsche Ort an diesem Spieltag. Derart biedere Hausmannskost gab's schon lange nicht mehr im Weserstadion wie beim Kochduell der heimischen Grün-Weißen gegen ihre farblichen Zwillinge aus Wolfsburg. Ein mühsam zusammengerührtes 1:0 durch Hilfskoch Marco Bode, viel Wasser an der Suppe, und ein Bremer Oberkellner Thomas Schaaf, der hernach seinen frustrierten Gästen zugeben muss-te: „Das war sicherlich nicht so lecker!“

Immerhin: Werder setzt sich auf Platz sieben und damit in der Nähe der europäischen Sonnenplätze fest. Die ohnehin schwer angeschlagenen Wolfsburger aber müssen sich ärgste Sorgen machen. „Das wird für uns noch ein ganz harter Gang in dieser Saison,“ meinte der VfL-Coach Woflgang Wolf. Da hat er wohl recht. Dabei hatte Wolfsburgs Manager Peter Pander schon vor dem Kick die kreativ eher reduzierte, daher übel anzusehende, aber durchaus erfolgversprechende Marschroute ausgegeben: „Karo einfach“ sollten die Wölfe spielen. Und das taten die auch. Mit den allersimpelsten Mitteln gelang es den Gästen, jeden zarten Ansatz von Bremer Spielkultur in Grund und Boden zu kämpfen. Rennen, dranbleiben, auf Fehler des Gegners warten – mit Glück geht ja was. Und tatsächlich, es ging was.

Was ein ungutes Licht auf die zuletzt so gelobte Werder-Kreativabteilung um Krisztian Lisztes und Thorben Frings wirft. Die fanden nämlich nur selten einen Weg durch den Wolfsburger Beinewald. Mit Schnoor vor der Gäste-Abwehr war das Mittelfeld derart eng, dass die Bremer immer wieder Fehlpässe produzierten. Und wenn sich doch mal ein Werderaner gefährlich durchschummelte, dann fischte der famose Claus Reitmaier noch so klare Chancen weg. Und die Zeit ging dahin. Beste Voraussetzungen also für einen Auswärtssieg – eigentlich. Denn je mehr sich Werder mühte, desto größer wurden die Freiräume für Gästekonter – eigentlich – nur genutzt wurden die keineswegs. Die Wolfsburger Offensivabteilung war gut zu Fuß, aber harmlos bis zur Jämmerlichkeit. Als vier Minuten vor Ultimo Robson Ponte auf Frank Rost zurannte, fuhr der Bremer Tim Borowski das Bein aus und Pontes Schüsschen kullerte zwei Meter neben der Eckfahne ins Seitenaus. Beste Spieler auf dem Platz waren Reitmaier und Viktor Skripnik: ein Torwart und ein Abwehrspieler. Das sagt alles.

Kurzum: Werder gegen Wolfsburg war ein Spiel, das klassischerweise torlos unentschieden endet und so schnell wie möglich vergessen wird – hätte Schaaf nicht mit frischen Kräften frischen Wind in die Werder-Offensive gebracht, und hätte die Gäste-Abwehr im entscheidenden Moment nicht geschlafen. In der letzten halben Stunde erhöhten die wuseligen Kroaten Ivica Banovic und Ivan Klasnic den Druck auf die Wölfe-Defensive, und Jungstar Tim Borowski, zunächst geschont, zeigte sein Talent in der Spieleröffnung. Kein Zufall, dass von ihm die entscheidende Flanke zum entscheidenden Tor kam. Die erreichte Frings, der köpfte zu Bode, und der lochte wiederum per Kopf unhaltbar ein.

Weder der eine noch der andere wurden dabei sonderlich gestört. Ein Dritter aus der Bremer Offensiv-riege wird diesen Tag wohl nacharbeiten müssen: Ailton. Der hat nämlich dafür gesorgt, dass er am kommenden Wochenende in Rostock nicht dabei ist. Und das nicht etwa, weil er in der 90. Minute einen Elfmeter verschossen hat oder zuvor enervierend häufig ins Abseits gerannt ist. Ailton ist nach der fünften Gelben Karte gesperrt – und diese fünfte kriegte er wie die vier zuvor wegen Meckerns und Ballwegschlagens. Was seinem Trainer nicht so recht gefallen mag. Schaaf: „Ich denke, das wird ein interessantes Gespräch.“ Ailton sollte sich schon mal Sorgen machen.

Und Schaaf sowieso. Der allerdings eher um die spielerische Klasse seiner Truppe. Gegen eine fußballerisch eher begrenzt begnadete Truppe wie Wolfsburg muss gerade aus der Kreativabteilung mehr passieren, wollen sich die Bremer tatsächlich weiter oben in der Tabelle etablieren. Gegen Ros-tock können sich Lisztes und Co. noch einmal warmspielen. Dann aber wird's ernst.

Dann warten die Bayern, Schalke und Leverkusen. Lecker!

Jochen Grabler