Innensenator gönnt Tamilen Atempause

■ Faktischer Abschiebestopp nach Sri Lanka: Tamilen aus dem Knast

Ein neuer Erlass aus dem Haus von Innensenator Kuno Böse (CDU) überraschte jetzt den Internationalen Menschenrechtsverein und vor allem die von Abschiebung bedrohten Tamilen: Seit dem 29. Oktober werden in Bremen keine Tamilen mehr in Abschiebehaft genommen, dort festgehalten oder gar abgeschoben, so die Auskunft des Innenressorts. Bei Asylverfahren, die vor Juli 2001 negativ entschieden wurden, ist laut Erlass „eine ausführliche Anhörung durchzuführen“, in der ein abgelehnter Asylsuchender noch einmal darlegen kann, warum seine Sicherheit in Sri Lanka bedroht ist.

Die Ausländerbeauftragte Dagmar Lill rät abgelehnten Tamilen, „umgehend“ einen Asylfolgeantrag zu stellen. Solange dieses Verfahren dauert, soll niemand inhaftiert oder abgeschoben werden, außer er sei „erheblich straffällig geworden bzw. mehrfach untergetaucht“, so Böses Erlass.

So weit, so entlastend für die in Bremen lebenden Tamilen. Während einer Informationsveranstaltung über die aktuelle politische Situation in Sri Lanka am Mittwoch stellte sich jedoch heraus, dass die Betroffenen nicht sofort von Böses Erlass profitierten: Der Tamile Amaladas S. befürchtete noch für den 26. Oktober seine Abschiebung, nachdem er am 22. Oktober in Abschiebehaft genommen worden war. Weil er krank wurde, war er ins Gefängniskrankenhaus nach Lingen gebracht worden. Die Ausländerbeauftragte zeigte sich darüber befremdet. Üblicherweise würden die nötigen Untersuchungen in einem Bremer Krankenhaus vorgenommen. Erst vier Tage nach Böses Erlass ist Amaladas S. entlassen worden.

„Das liegt an der behördeninternen Abstimmung“, sagt Markus Beyer, Sprecher des Inneressorts. Der Erlass mit Datum vom 25. Oktober sei erst am 29. in Kraft getreten. Bis zum Abend des 31. Oktober wurden indes Betroffene nicht vom Abschiebestopp unterrichtet. Sie lebten nach wie vor in der Angst, bald zurück zu müssen.

Hintergrund für die Aussetzung der Abschiebungen ist, dass dem Auswärtigen Amt kein aktueller Lagebericht von Sri Lanka vorliegt. Ein Bombenanschlag auf den Flughafen von Colombo am 24. Juli 2001 zog eine regelrechte Verhaftungswelle von Tamilen nach sich. Nach der Parlamentsauflösung Mitte Oktober befürchtet der Bremer Menschenrechtsverein weitere Willkürakte, da Polizei und Soldaten „ohne Direktiven“ seien, so Nikolai Jung vom Verein. Die deutsche Botschaft sieht sich in der chaotischen Situation außer Stande, vor den Neuwahlen einen Lagebericht zu liefern. aro