Vom Gegner zum Minister Scharons

Rabbi Benni Elon tritt die Nachfolge des ermordeten israelischen Tourismusministers Seewi an. Er ist noch radikaler

JERUSALEM taz ■ Wer glaubte, dass rechts des ermordeten Ministers Rechawam Seewi im israelischen Kabinett kein Platz mehr ist, muss sich nun eines Besseren belehren lassen. Mit der Vereidigung von Rabbi Benni Elon als neuer Minister für Tourismus zieht ein Mann in die Regierung ein, der sich in der Vergangenheit mehr als einmal vor Gericht verantworten musste. „Anstiftung zur Gesetzesuntreue“ und „Volksverhetzung“ lauteten die Anklagepunkte vor allem in der Zeit, als Elon noch der radikalen Siedlergruppe „So Arzeinu“ („Das ist unser Land“) angehörte.

Nur wenige Monate nach der Ermordung des damaligen Ministerpräsidenten Jitzhak Rabin riefen Anhänger von „So Arzeinu“ im Verlauf einer Kundgebung, der auch Elon beiwohnte, Parolen wie „Peres ist der nächste“ und „Verräter, Verräter“. Ob bei Straßenblockaden, die die jüdischen Rechten gegen die Aufgabe weiterer palästinensischer Gebiete organisierten, oder bei der Gründung illegaler Siedlungen – Rabbi Benni Elon war fast immer mit von der Partie. Polizisten mussten den schwergewichtigen Politiker an Armen und Beinen wegschleppen, als sie einige der illegalen Siedlerstützpunkte räumten. „Wir kommen wieder“, rief Elon aus dem Fenster des Busses, der die Demonstranten abtransportierte. Vater Menachem Elon, der einst zum Richterstab des Obersten Gerichts in Jerusalem gehörte, mag nicht selten über das Verhalten seines Sohnes den Kopf geschüttelt haben.

Der stolze „Jerusalemer in neunter Generation“, wie Benni Elon bei jeder Gelegenheit betont, zog 1982 als knapp 30-Jähriger in die Siedlung Beit El bei Ramallah. Dort wohnt auch seine Nichte Margalit Har-Schefi, die erst vor kurzem ihre Haftstrafe wegen Mitwisserschaft und unterlassener Unterbindung einer Straftat – des Mords an Jitzhak Rabin – beendet hat.

Der Religionsgelehrte leitete mehrere Jeschiwa-Schulen, zuletzt im muslimischen Viertel der Jerusalemer Altstadt und schließlich die als radikal verrufene Beit-Orot-Jeschiwa auf dem Ostjerusalemer Ölberg. 1996 gelang der Partei Moledet, der sich Elon kurz zuvor als Nummer zwei hinter Seewi angeschlossen hatte, der Einzug in die Knesset, das israelische Parlament.

In der laufenden Regierungsperiode war Elon zunächst Fraktionsvorsitzender, trat indes bereits im Sommer von zurück, weil er „keine Rolle in der Regierung von Ministerpräsident Ariel Scharon“ spielen wollte. Noch vehementer als sein Parteifreund Seewi, der nur einen Tag vor In-Kraft-Treten seines Rücktrittsgesuchs ermordet wurde, appellierte Elon an seine Fraktion, die Regierung zu verlassen: „Scharon kontrolliert die Realität nicht, wie ein Staatsführer das sollte, sondern die Realität kontrolliert ihn.“ Sehr zum Ärger Elons unterstützte der Regierungschef die Gründung eines Palästinenserstaates sowie den amerikanischen Mitchell-Plan. „Die Regierung der Einheit hat aufgehört, ein Mittel zur Erlangung von Sicherheit zu sein“, schrieb Elon in seiner Rücktrittserklärung. „Sie ist zum Selbstzweck geworden. Es geht nur noch darum, politisch zu überleben.“ Mit der Ermordung Seewis sei eine „völlig veränderte Situation entstanden“, begründete der Sprecher Elons gestern auf Anfrage dessen Entschluss, sich nun doch wieder dem Kabinett Scharons anzuschließen.

SUSANNE KNAUL