Plutonium-Geschenk für Hanau

Von Schottland aus sollen noch in diesem Jahr 82 Brüter-Brennelemente in den Hanauer Bundesbunker transportiert werden. Die Anwohner sehen den endgültigen Abriss der dortigen Atomfabriken gefährdet. Greenpeace warnt vor Terroranschlägen

aus Hanau KLAUS -PETER KLINGELSCHMITT

Da werden sich die Bürgerinnen und Bürger von Hanau aber freuen. Sie bekommen 82 mit Plutonium und Uran gefüllte Brüter-Brennelemente „geschenkt“. Und das noch vor Weihnachten – so die Auskunft der britischen Regierung auf eine Anfrage des Abgeordneten Llew Smith im britischen Unterhaus.

Die einmal für den nie in Betrieb gegangenen schnellen Brüter in Kalkar produzieren Brennelemente, die 1991 zum britischen Atomkomplex Dounreay in Schottland verschifft und dort „eingemottet“ wurden, sollen im Bundesbunker in Hanau eine neue Heimat finden. Da liegen sie prinzipiell eigentlich auch richtig: neben ihren dort bereits 1990 eingebunkerten 123 „Schwesterelementen“. Die Briten jedenfalls wollen die „deutschen“ Brennelemente umgehend loswerden.

Alle 205 Brennelemente gehören der Firma SBK, an der der Enegiekonzern RWE die Mehrheitsanteile hält. Die „Auftragsverwaltung“ für die Brüter-Brennelemente hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) übernommen – und damit auch die politische Verantwortung. RWE wollte mit den Brüter-Brennelementen eigentlich noch ein Geschäft machen. In den USA wurde 1999 laut darüber nachgedacht, den längst stillgelegten Forschungsbrüter FFTF in Hanford (US-Atomwaffenkomplex) wieder zu reaktivieren. Die Brüter-Brennelemente hätten im FFTF zum Einsatz kommen können. Auch die Bundesregierung freute sich damals. Nur so nämlich könne die langfristige Zwischenlagerung oder gar die Wiederaufarbeitung der Brennelemente vermieden werden, schrieb das BMBF im Dezember 1999 an Greenpeace. Doch zurzeit ist dieser Deal in den Staaten kein Thema mehr.

Und der Atomkomplex in Dounreay wird – so wie der in Hanau – zurückgebaut. In 50 bis 60 Jahren, so die Antwort der Regierung in London auf die Unterhaus-Anfrage von Herrn Smith, soll die Region im hohen Norden von Schottland „atomfrei“ sein. Gänzlich „atomfrei“ will auch Hanau werden – nur schneller. Die Atomfabriken dort sind fast alle schon abgerissen.

Für die Hanauer sind die 82 Brüter-Brennelemente aus Schottland denn auch ein Danaergeschenk. „Wir wollen die Brennelemente hier nicht haben“, sagte Elmar Diez von den Grünen im Rathaus und der Initiative Umweltschutz in Hanau (IUH) gestern der taz. Das politische Hanau ist sich in dieser Frage über alle Parteigrenzen hinweg einig. Sollten jetzt noch 82 weitere Brüter-Brennelemente kommen, so Diez, werde das Rückbauprojekt Hanau doch zur Farce – und der Bunker zu einem nicht genehmigten Endlager.

Die Atomexpertin von Greenpeace, Susanne Ochs, wandte sich auf Nachfrage gegen jeden Transport der Brüter-Brennelemente. Das „Zeug“ müsse vorläufig bleiben, wo es ist: in Dounreay und in Hanau in den auch gegen Flugzeugabstürze gesicherten Bunkern. Der Bombenstoff könne schließlich Ziel terroristischer Attacken werden. Doch die Briten sind fest entschlossen, die 82 Brennelemente noch in diesem Jahr auf die Reise nach Deutschland zu schicken; „trotz aller Sicherheitsbedenken“, wie ein Sprecher der United Kingdom Atomic Energy Authority gegenüber der US-Fachzeitschrift Nuclear Fuel erklärte.