Neue Spar-Standards

BASF stellte in Ludwigshafen das Drei-Liter-Haus vor. Die Möglichkeiten im Wohnungsbestand sind enorm: Von 34 Millionen Wohnungen haben 24 Millionen ein erhebliches Energiesparpotenzial

Die Firma BASF setzt neue Maßstäbe bei der Altbausanierung: An seinem Sitz in Ludwigshafen präsentierte das Unternehmen jetzt ein „Drei-Liter-Haus“. Der Name ergibt sich aus dem Heizenergiebedarf, der pro Jahr bei 3 Litern Öl je Quadratmeter liegt (beziehungsweise einer vergleichbaren Gasmenge).

Bei Neubauten ist ein solcher Energieverbrauch für Architekten längst keine Herausforderung mehr – schließlich gibt es in Deutschland bereits mehr als 1.000 Passivhäuser mit einem Energiebedarf von nur noch 1,5 Litern pro Quadratmeter. Selbst Nullenergiehäuser und Plusenergiehäuser, die mehr Energie von der Sonne gewinnen, als sie verbrauchen, sind als Neubauten längst umgesetzt. Doch Altbauten sind bislang das große Problem: Weil es baurechtlich keine Möglichkeit gibt, deren Energiebedarf zu reduzieren, verprassen viele Wohnhäuser heute noch 30 oder gar 40 Liter Öl je Quadratmeter.

Dass die Bauwirtschaft durchaus in der Lage ist, auch in Altbauten vernünftige Energiestandards zu erzielen, demonstriert die BASF nun mit der soeben abgeschlossenen Sanierung eines Mehrfamilienhauses einer Werksiedlung aus den 30er-Jahren im Ludwigshafener Brunckviertel. Es kommt nicht überraschend, dass hierbei neue Produkte des Chemiekonzerns eingesetzt werden. Immerhin tragen Erzeugnisse für die Bauindustrie bereits heute mit 6 Prozent zum Umsatz der BASF bei – und die Firma erhofft sich in dieser Branche Wachstumspotenzial.

So nutzt die Firma das „Drei-Liter“-Projekt, um ihren neu entwickelten Dämmstoff Neopor vorzustellen. Dabei handelt es sich um einen Polystyrolhartschaumstoff, dessen Wärmedämmung nach Firmenangaben annähernd doppelt so gut ist wie jene des Styropors. „Mit 10 Litern Erdöl, die für die Herstellung einer Neopor-Platte benötigt werden, lassen sich in einem Zeitraum von 50 Jahren 1.200 Liter Heizöl sparen“, rechnet die Firma vor.

Zudem hat der Konzern einen neuartigen Innenputz entwickelt, der Wärme speichernde „Mikrokapseln“ enthält. Der so genannte Latentwärmespeicher beruht darauf, dass eingeschlossene Wachspartikel bei 24 Grad Raumtemperatur flüssig werden und dabei Energie aufnehmen. Diese geben sie erst wieder ab, wenn die Temperatur sinkt – somit lässt sich Wärme an heißen Tagen für kältere Tage speichern. 2 Zentimeter dieses Putzes speichern nach Daten der BASF so viel Wärme wie eine 20 Zentimeter dicke Hohlziegelwand. Weitere Beiträge zum Energiesparen sind moderne Isolierglasfenster (U-Wert von 0,8) sowie eine gasbetriebene Brennstoffzelle im Keller anstelle eines Gasbrenners.

Etwa 3 Millionen Mark hat die BASF in das Objekt mit neun Wohneinheiten und 700 Quadratmeter Wohnfläche investiert. Ein Teil des Geldes fließt in ein umfangreiches Messprogramm, das helfen soll, die Wärmebilanz künftiger Sanierungsobjekte noch weiter zu optimieren. Schließlich sei das Drei-Liter-Haus auch bei Altbauten „noch nicht das Ende der Fahnenstange“, sagt der Geschäftsführer der BASF-Wohnungsbaugesellschaft Luwoge, Wolfgang Schubert: „Wir planen bereits das Nullenergie- und das Plusenergiehaus.“

In der Branche weiß jeder, dass die Einsparmöglichkeiten im deutschen Wohnungsbestand enorm sind: „Von den 34 Millionen Wohnungen haben 24 Millionen ein erhebliches Energiesparpotenzial“, sagt Lutz Freitag, Präsident des Bundesverbandes deutscher Wohnungsunternehmen.

Anders als die neuartige Wärmedämmung ist die Brennstoffzelle im Ludwigshafener Brunckviertel aber noch Versuchsobjekt. In einigen Jahren wird sich das ändern, und sie wird sich als effiziente Alternative zum Gasbrenner etablieren können. Zuvor jedoch besteht noch gesetzlicher Regelungsbedarf: Da die Brennstoffzelle neben Wärme auch stets Strom erzeugt, müssen für die Netzeinspeisung die Rahmenbedingungen erst definiert werden. Anders als erneuerbare Energien, deren Abnahme gesetzlich geregelt ist, fallen Einspeiser mit Brennstoffzelle oder gasbetriebenem Blockheizkraftwerk im Keller derzeit nämlich in eine Gesetzeslücke.

BERNWARD JANZING