Ausgebuddelt
: Beirat im Aue-Sumpf

■ SPD stimmt gegen Schönebecker Aue und meint es doch anders

„Das müssen wir jetzt erst einmal analysieren, was das heißt“, meint Ortsamtsleiter Reiner Kammeyer zum jüngsten Beschluss des Vegesacker Beirats. „Soll die Schönebecker Aue aus ihrem Tunnel unter dem Bahnhofsplatz herausgeholt werden?“, hatte die Frage gelautet; die Abstimmung darüber ergab ein Patt. Seitdem herrscht unter den Beiräten Ratlosigkeit über den eigenen Beschluss.

Über zwei Stunden lang hatten die Abgeordneten die Gestaltung des Bahnhofsplatzes im Allgemeinen und die Offenlegung der Aue im Besonderen diskutiert. Planer präsentierten Zahlen, Naturschützer Gestaltungsvorschläge. Angesichts der Diskussion um die zusätzlichen Kosten, die bei einer Öffnung der Aue entstünden – im Gespräch waren gut fünf Millionen Mark – wollte der umweltpolitische Sprecher der CDU-Beiratsfraktion, Dietrich Bannert, eine mögliche Finanzierung durch die EU und den Bund prüfen lassen. Zur Abstimmung darüber kam es jedoch nicht. Denn SPD-Beiratsmitglied Hans-Eberhard Boje sah seine Fraktion durch den CDU-Antrag in die Enge gedrängt und verlangte, zunächst grundsätzlich darüber abzustimmen, ob die Aue offen gelegt oder im Tunnel bleiben solle. Mit sieben Stimmen gegen die Öffnung und einer Enthaltung führte die SPD daraufhin gegen Schwarz-Grün das Patt herbei.

Es sei „nichts Neues“, so SPD-Beiratssprecherin Anke Nerger gegenüber der taz, dass ihre Fraktion gegen eine offen über den Platz laufende Aue sei. Schließlich verhindere man so „ein regelrechtes Dreckloch“ und spare zudem noch Geld, das für andere Dinge dringend benötigt werde: „Ich denke nur an das Musical.“ Einigen GenossInnen liegt der von ihnen maßgeblich verursachte Ausgang der Beiratssitzung dennoch schwer im Magen. „Ich wollte das nicht so abschmettern“, entschuldigt sich Boje im Nachhinein: „Die Umweltverbände müssen jetzt ja glauben, dass ihre gute Arbeit einfach abgebügelt wird.“ Auch sein Fraktionskollege Björn Wehrs, der nach eigenem Bekunden noch während der Sitzung „eingehend für eine offene Aue“ geworben hatte und dem die CDU nun „Unglaubwürdigkeit“ vorwirft, weil er sich in der entscheidenden Abstimmung enthalten hat, sieht sich einem Missverständnis erlegen. Er habe geglaubt, dass Bannert den CDU-Antrag zurückgezogen habe, um die SPD bei der Abstimmung über deren eigenen Antrag „vorzuführen“. Aus diesem Grund habe er in der „Kampfabstimmung“ nicht mit der CDU abgestimmt.

Bannert weist die Vorwürfe zurück: Er habe seinen Antrag auf Prüfung möglicher Geldquellen bei EU und Bund nie zurückgezogen, vielmehr sei dieser vom Sitzungsleiter zu Unrecht übergangen worden. Nach Bannerts Auffassung bedeutet das Patt nämlich nicht „keine Mehrheit für die Offenlegung der Aue“, sondern „keine Mehrheit für den Verbleib der Aue im Tunnel“, weswegen sich der CDU-Antrag keineswegs erledigt habe. Bannert hat Kammeyer inzwischen schriftlich aufgefordert, den CDU-Antrag auf der nächsten Beiratssitzung am 7. November zur Abstimmung zu stellen.

Bleibt die Aue nun also endgültig begraben oder nicht? Die Meinungen darüber gehen auseinander. „Definitiv gestorben“ sei das Projekt, sagen Nerger und Boje. Die Naturschützer schimpfen über die „abgekartete Sache bei der SPD“ und „gratulieren“ bereits „zur gelungenen Verhinderung der Aueöffnung“. Doch selbst Ortsamtsleiter Kammeyer ist sich da inzwischen nicht mehr so sicher. Er will das Thema am 27. November mit den Fraktionssprechern klären: Die Zukunft der Aue, sagt er, sei „offen“. as