Gleich beleidigt

■ Prozess um Bagatelle und die Folgen endete mit Einstellung gegen Geldbuße

Mit einer Einstellung des Verfahrens gegen eine Geldbuße von 500 und 1000 Mark an die Staatskassen endete gestern der Prozess vor dem Amtsgericht gegen zwei Antifaschisten, denen von der Polizei eine ganze Latte von Straftaten vorgeworfen worden war. Doch während des Verfahrens stellte sich zunehmend die Frage nach der Rechtmäßigkeit des vorangegangenen Polizeieinsatzes.

Die beiden Angeklagten wollten am 19. November 2000 an einer Protestdemo gegen eine Kranzniederlegung von Neonazis am Kriegsklotz am Dammtor teilnehmen. Damals hatte die Bürgerschaftsgruppe Regenbogen vor dem Dammtor-Bahnhof eine entsprechende Gegendemo angemeldet. Als die beiden zusammen mit drei weiteren Personen auf dem Weg dorthin gegen 15 Uhr den Park Planten und Blomen verlassen wollten, um durch den Bahnhof zur Demo zu gelangen, wurden sie von zwei Polizisten am Verlassen des Parkes gehindert – obwohl der Nazi-Aufmarsch schon längst beendet war. Es kam zum Streit. Die Gruppe wollte umkehren, wobei einer zu den anderen sagte: „Das ist doch immer das Gleiche mit den Bullen.“ Der Beamte will verstanden haben. „Das ist doch immer das Gleiche mit euch Bullen“, fühlte sich angesprochen und beleidigt und packte den Mann. Dabei soll es, so die Anklage, zur Rangelei gekommen sein, bei der ein Beamter zu Boden gegangen war. Er meldete sich drei Monate krank.

Die Liste der Vorwürfe in der Anklage gegen zwei aus der Gruppe war dann lang. Beleidigung, Widerstand, Körperverletzung, versuchte Gefangenenbefreiung und versuchte Strafvereitelung. Ein Beamter machte zudem noch Schmerzensgeld und die Polizei 7000 Mark Schadensersatz wegen des Verdienstausfalls geltend.

Nach mehreren Stunden Beweisaufnahme nahm der Prozess gestern eine unerwartete Wende. Zuvor hatte Verteidiger Andreas Beuth in Beweisanträgen die Frage aufgeworfen, ob es für das Einschreiten der beiden Polizisten überhaupt eine Rechtsgrundlage gegeben habe und ob ihr Vorgehen nicht unverhältnismäßig war. Mit der Einstellung ist strafrechtlich der Fall für die Angeklagten abgeschlossen. Ob die Polizei zivilrechtlich auf ihre Forderung verzichtet, ist fraglich.

Magda Schneider