„Ausländer raus“ in Südafrika

Einwanderer aus Simbabwe nehmen Südafrikanern die Arbeitsplätze weg, findet die ANC-Regierung. Nun sollen tausende simbabwische Farmarbeiter verjagt werden

JOHANNESBURG taz ■ Bigman Chaukes Zukunft ist ungewiss. Täglich hofft der 26-jährige Simbabwer auf Gnade. Auf die Erneuerung seiner befristeten Arbeitserlaubnis in Südafrika, mit der er seit fünf Jahren auf der Varkfontein Farm arbeitet und damit seine Familie ernährt. „Wenn ich zurück muss, werde ich hungern. Es gibt nichts in Simbabwe und ich bin nicht hier, um zu stehlen“, sagt der Vorarbeiter.

Mehr als 10.000 simbabwische Erntearbeiter im Limpopo-Tal an der Grenze zwischen Südafrika und Simbabwe teilen die Angst von Bigman Chauke. Über ihre Abschiebung in die Heimat soll in den nächsten Tagen entschieden werden.

Südafrikas Innenministerium hatte bereits Mitte Oktober den Tag der Ausweisung festgelegt und harte Strafen gegen Widerstand verkündet. Engagierte südafrikanische Farmer erreichten jedoch einen Aufschub und versuchen seither in Verhandlungen mit Innenminister Mangosuthu Buthelezi und den Arbeitsbehörden eine Lösung für ihre simbabwischen Angestellten zu finden. „Wenn sie gehen müssen, bricht in dieser Gegend die Landwirtschaft zusammen“, sagt Dries Joubert, Vorsitzender der Farmer-Union.

„Einheimische Arbeiter sind nicht tüchtig genug“, klagten gemeinsam die Farmbesitzer von 93 Ländereien nahe der Stadt Messina, nur wenige Kilometer von Simbabwe entfernt. Die Simbabwer lebten in vielen Fällen schon Jahrzehnte dort. Sie hätten Familien in Südafrika und nach all den Jahren ein Recht auf „ordentliche Papiere“.

Südafrikas Regierung hält dagegen mit dem Argument, bei einer 40-prozentigen Arbeitslosigkeit in Südafrikas Nordprovinz müssten Stellen mit Einheimischen besetzt werden. „Die ganze Situation ist ja nicht über Nacht entstanden“, sagt Leslie Mashokoe, Sprecher im Innenministerium. Seit Jahren seien Verhandlungen mit Farmern und Behörden im Gange. Das erste Zeitlimit für die Simbabwer war mit Einverständnis der Farmer bereits im April festgesetzt worden. „Wir hatten angekündigt, keine Arbeitserlaubnis mehr zu erneuern, und die Farmer sollten bis Oktober Südafrikaner einstellen, damit wir alle un- oder angelernten Arbeiter aus Simbabwe zurückschicken können. Tomaten pflücken können auch Südafrikaner“, so der Sprecher.

Die Farmer seien nicht ernsthaft an der Einstellung Einheimischer interessiert, denn sie zahlten den Simbabwern Billiglöhne, behauptet die Regierung. Strengere Arbeitsgesetze mit Mindestlöhnen sollen dazu animieren, eher Einheimische zu beschäftigen.

Im Allgemeinen kümmern sich die Südafrikaner wenig darum, was mit den Simbabwern geschieht, wenn sie ihre Arbeit verlieren. Die Südafrikanerin Constance Nemavhola, eine 31-jährige Mutter mit vier Kindern, musste ihre kurzfristige Einstellung auf einer Farm zugunsten eines Simbabwers aufgeben. „Sie müssen gehen“, schimpft sie. „Sie stehlen unsere Arbeit und sind kriminell.“

Vorurteile gegenüber den afrikanischen Nachbarn führten unlängst nahe Johannesburg zu brutalen Übergriffen in einer Hüttensiedlung gegen simbabwische Immigranten: Mehr als 100 ihrer Unterkünfte gingen in Flammen auf, 800 Simbabwer flohen aus dem Township.

Die Farmer im Norden haben dem Innenministerium inzwischen etwa 2.500 Fälle vorgelegt, in denen sie Simbabwer, die seit vielen Jahren im Land leben, vor einer Ausweisung schützen wollen. „Die restlichen der 10.000 sind sowieso illegal und nach Kabinettsbeschluss ist es verboten, sie anzustellen“, sagt Sprecher Moshokoe. Mitte November will die Regierung handeln. Dann wird auch für Bigman Chauke eine Entscheidung getroffen worden sein.

MARTINA SCHWIKOWSKI