„Ich bin gespannt, was noch alles getürkt ist“

Dietmar Tambor, Sprecher der Kölner Anwaltskanzlei, die Christoph Daum vertritt, über das Vorgehen der Staatsanwaltschaft

taz: Christoph Daum sagt kaum noch etwas. War es schwer, ihn zum Schweigen zu bringen?

Dietmar Tambor: Hier liegt eine Vorverurteilung vor. Die Vorwürfe sind nicht korrekt. Und da ist es absolut vernünftig, nichts zu tun, als den Mund zu halten. Vor allem in Koblenz, bei dieser Staatsanwaltschaft. Da wäre es unsinnig, auch nur ein Wort zu sagen.

Daum hat am ersten Prozesstag viel gesprochen. Das hat sich geändert. Hat er es schnell eingesehen?

Doch, das schon. Wir mussten überhaupt nicht lange diskutieren. Wenn er spricht, wird ihm das ja nur negativ ausgelegt, auch in der Öffentlichkeit, in den Medien. Dann heißt es, er hat nichts dazugelernt, er bereut nichts. Wenn er schweigt, kann man sich nur noch darüber aufregen.

Zur Sache wird Christoph Daum auch nichts sagen?

Das ist durchaus noch offen. Das hängt vom weiteren Gang dieses merkwürdigen Verfahrens ab.

Kommen wir zu den Merkwürdigkeiten: Christoph Daum hat anfangs gesagt, es handele sich um einen Showprozess.

Sehen Sie, das ist genau das Zitat, das aus dem Zusammenhang gerissen ist. Fakt ist, es ist eine Riesengeschichte, die nach Koblenz gezogen und zu einer Show gemacht wurde. Die Staatsanwaltschaft wollte es doch so.

An Showprozess und Prozessshow sind Sie auch beteiligt, wie Sie ständig dem Staatsanwalt vorzuführen versuchen.

Das ist keine Show. Das ist der normale Rechtsstaat, den wir Anwälte aufrechtzuerhalten versuchen. Im Moment gibt es genügend Hinweise darauf, dass Herr Staatsanwalt Dr. Angerer es hier an gewissen Vorgaben des Rechtsstaats hat fehlen lassen. Wenn Telefonate ohne Anordnung über Wochen abgehört werden, dann ist das, mit einem Wort, illegal. Die Gerichtsakten haben erhebliche Lücken. Die Staatsanwaltschaft bedient sich solcher Machenschaften.

Ist Herr Angerer seiner Aufgabe nicht gewachsen, oder setzt er sich über Recht und Gesetz hinweg?

Wir haben das Gefühl, dass er sich über Recht und Gesetz hinwegsetzt. Er scheint dem Jagdfieber auf einen Prominenten erlegen. Und es ist sehr befremdend, wenn der Telefone abhörende Polizeibeamte so tut, als sei er ein kleiner Dummerjan. Schiebt Vermerke hinterher, man müsse Nummern abhören, obwohl alles darauf hindeutet, dass er das längst tut. Ich bin mal gespannt, was die Staatsanwaltschaft noch aus dem Köcher zieht, was alles getürkt ist. Sechs, sieben Wochen lang wird abgehört ohne Beschluss. Da wird über Gesetze einfach hinweggegangen.

Folglich kann der Prozess, Ihrem Antrag zufolge, morgen nur ausgesetzt werden.

Das bezweifle ich, weil alle Entscheidungen bislang in eine Richtung gehen: Das Verfahren wird weitergehen, weil es weitergehen soll.

In Ihren Anträgen steht, bislang sei nur „die Spitze des Eisbergs“ sichtbar geworden. Wann kommt der ganze Eisberg nach Koblenz?

Wir haben den Verdacht, dass noch ganz andere Dinge vorliegen. Und das werden wir beizeiten herausarbeiten. Bislang haben wir schon bei einem engen Aktenstudium so viel entdeckt. Für mich ist das nach 14 Jahren im Geschäft ein Novum, dass eine Staatsanwaltschaft so agiert und das auch noch mit dünnen Entschuldigungen rechtfertigt.

INTERVIEW: BERND MÜLLENDER