Fischer fordert Bündnistreue

Bundestag debattiert über deutschen Militärbeitrag im Anti-Terror-Kampf: Außenminister Fischer befürchtet weitreichende Konsequenzen bei Ablehnung. Union und FDP bieten Unterstützung an

BERLIN taz ■ Ein Nein des Bundestages zur Bereitstellung von 3.900 Bundeswehrsoldaten hätte nach Ansicht von Außenminister Joschka Fischer (Bündnis 90/Grüne) „weitreichende Konsequenzen“. Dies betreffe sowohl die Sicherheit der Bundesrepublik, ihre Bündnisfähigkeit als auch die Zukunft Europas, so der Minister gestern im Bundestag. Mit keinem Wort ging Fischer hingegen auf die Folgen für die rot-grüne Koalition ein. Am Vorabend hatte der Außenminister eine Sondersitzung seiner Fraktion abrupt verlassen, nachdem Kritik an der Rolle der Bundesregierung und des Kanzlers laut geworden war. Für den Fall, dass die Abgeordneten gegen die Bereitstellung der Soldaten stimmen sollten, hatte Fischer nach Angaben von Teilnehmern mit Rücktritt gedroht.

Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) warb in der gestrigen Debatte des Bundestages um Unterstützung für den deutschen Militärbeitrag: Es sei eine Frage der Selbstachtung, die früher von den USA geleistete Solidarität jetzt zurückzugeben. Union und FDP boten ihre Zustimmung an, appellierten aber zugleich an den Kanzler, die Bereitstellung der rund 3.900 Soldaten auf zunächst 6 statt 12 Monate zu befristen. Der CSU-Landesgruppenchef Michael Glos lobte Schröder: dieser habe in der jetzigen Situation eine „gute Figur“ gemacht. Dagegen griff Glos den Außenminister wegen seiner Äußerung zu Sitzblockaden an. Dies sei ein „Rückfall in alte Zeiten“. Sitzblockaden seien Nötigung. Fischer hatte im Bundestag erklärt, immer werde es junge Menschen geben, die „das Recht auf Sitzblockaden wahrnehmen wollen – das ist gut so, das ist richtig so“.

Offen ist, ob SPD und Grüne bei der Abstimmung kommende Woche im Bundestag über eine eigene Mehrheit verfügen werden. Aus den Reihen der Grünen wurden gestern Zweifel laut, ob die SPD im Falle einer erneuten Unterstützung durch Union und FDP die Koalition auflösen würde. Der Einsatzgegner Christian Ströbele meinte gegenüber der taz, die SPD sei in der Debatte um Krieg und Frieden auf die Grünen angewiesen: „Diese Flanke kann die FDP nicht ausfüllen.“ Andernfalls drohe die Diskussion in die SPD hineingetragen zu werden. Daran könne der Kanzler kein Interesse haben, „wenn die eigene Mehrheit um drei Stimmen verfehlt wird“. Sollte die Zahl der Gegner in der Koalition „deutlich höher sein, wird die derzeit ernste Situation natürlich sehr, sehr ernst“.

SEVERIN WEILAND

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