dieser verdammte krieg (xxix)
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Roger Willemsen führt heute das Kriegstagebuch der taz

Bedingungslos

Bedingungslos: Ist das nicht eigentlich ein Fundamentalisten-Wort, geeignet, die Liebe zwischen Göttern und Menschen zu beschreiben, aber nicht die zwischen Super- und Solidarmächten?

Kann sich ein Kanzler mit geborgter Macht „bedingungslos“ über ein Volk hinwegsetzen, das Bedingungen stellt? Kann er den Übergang eines Krieges in einen Exzess bedingungslos bejahen? Kann er sich der Jagd einer Großmacht nach Terroristen anschließen, wenn diese Großmacht gleichzeitig Terroristen selbst trainiert: In der ehemaligen „School of the Americas“, kürzlich zu „Western Hemisphere Institute for Security Cooperation“ („Whisc“) umbenannt, wo seit 1946 Staatsterroristen, Massenmörder und Diktatoren ausgebildet wurden, darunter die Folterer aus El Salvador, die Romero- und die Estrada-Mörder, die Führer dreier Konzentrationlager von Pinochet und die seiner Geheimpolizei, die der Todesschwadronen von Fujimori und Noriega, die Offiziere der paramilitärischen Einheiten in Kolumbien und Honduras?

Was, wenn sich der „bedingungslose“ Kampf gegen den Terrorismus als unvereinbar mit Grundwerten herausstellt, unvereinbar, weil sich in den Handbüchern von „Whisc“ Anleitungen zur Folter, Erpressung, Exekutionen finden, Anleitungen, die exakt dem US-Terrorismusbegriff entsprechen? Unvereinbar auch, weil in den USA schon offen die Legitimität von staatlicher Folter diskutiert wird?

Dann kennt der bedingungslose Kampf gegen den Terrorismus eben doch eine Bedingung: Er darf der bedingungslosen Solidarität nicht in die Quere kommen. Um keinen Preis.

MONTAG: Wiglaf Droste