: Die Kavallerie zu Spietau
Erste Straßenblockade gegen den geplanten Castor-Trasport im Wendland Anti-Castor-Aktivist Stay festgenommen ■ Von Magda Schneider
Ausnahme- und Belagerungszustand im Wendland – zum zweiten Mal in diesem Jahr. Das Wochenende vor dem Castor gehört – das ist schon fast Tradition – der Auftaktdemonstration in Lüneburg und der Stunkparade der Bauern – und dem Aufmarsch des massiven Polizeiaufgebotes. Gestern gelang es trotzdem 1000 AktvistInnen der Aktion „WiderSetzen“, die Polizeibarrieren zu umgehen und die Straße zwischen Nebenstedt und Splietau zu besetzen. Auch der Einsatz von Reiterstaffeln konnten nicht verhindern, dass die BlockiererInnen über die Felder bis 50 Meter an die Transportstrecke herankamen und sangen: „Wehrt euch, leistet Widerstand.“
Zunächst schien das Repressionskonzept von Politik und Polizei aufzugehen. Am Freitag hatte die Bezirksregierung Lüneburg eine für Splietau geplante Demo verboten, zu der auch ein Treckerkonvoi erwartet wurde. Das Oberverwaltungsgericht bestätigte gestern mittag dieses Verbot. Offensichtlich befürchtete die Bezirksregierung, die DemonstrantInnen könnten ihre Anwesenheit dazu nutzten, – wie schon vor drei Jahren – die Straße zu unterhöhlen.
Trotz Verbot versammelten sich am gestrigen Morgen knapp 1000 in Splietau zu Gulasch und Erbsensuppe. Den Treckern wurde allerdings die Zufahrt versperrt. Daraufhin hatten sie ihre Gefährte in Groß Gusborn und Quickborn auf den Straßen abgestellt und ineinander verkeilt. In Quickborn ging stundenlang gar nichts, bis die Polizei auch unter den Augen von Hamburgs Innensenator Ronald Schill die Blockade von 50 Treckern auflöste.
Mehrfach versuchte die Polizei versuchte mehrfach, die ProtestierInnen dazu zu bewegen, in das Elbmarsch-Örtchen Breese zu fahren, wo eine Kundgebung genehmigt worden war. Den Bauern drohte sie sogar, andernfalls die Trecker zu beschlagnahmen. „Wenn wir alle in Breese sind, machen die einen Kessel drum rum und dann kommt niemand mehr raus“, witterte ein schlitzohriger Bauern und lehnte das polizeiliche Ansinnen ab. „So lange es noch Suppe gibt, bleiben wir hier.“
Bei einer Blockade von 80 Treckern in Nebenstedt trafen gegen mittag immer mehr AktivistInnen von „X-1000malquer“ ein. Sie hatten angekündigt, im Zuge des Protestes die Castorstrecke nahe dem Verladebahnhof Dannenberg dichtzumachen. Was beinahe gelang. Obwohl das Treiben durch Hubschrauber verfolgt wurde, konnten AktivistInnen die Polizei austricksen und bis zur Castorstrecke herankommen. Beim Widersetzen kam es zu einzelnen Rangeleien, Menschen wurden von PolizistInnen weggetragen oder -geschleift, sowie X-tausendmal-quer-Sprecher Jochen Stay festgenommen. X-1000malquer Sprecherin Swantje Fock kommentierte: „Die Verhaftung von Jochen Stay ist offensichtlich von langer Hand geplant, um den legitimen Protest gegen die Atompolitik zu kriminalisieren.“
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