Blazevic redet Blech

Nach dem 2:0 gegen den Iran droht den irischen Fans nun eine ungewohnt trockene Feier beim Rückspiel in Teheran

DUBLIN taz ■ Ob ein Zwei-Tore-Vorsprung reiche, wurde Irlands Trainer Mick McCarthy nach dem Spiel in Dublin gefragt, um die Fußball-Weltmeisterschaft im nächsten Jahr in Japan und Südkorea zu erreichen? „Wenn die Iraner im Rückspiel am Donnerstag in Teheran keine zwei Tore schießen, reicht es“, antwortete McCarthy nach dem 2:0 mathematisch korrekt. Miroslav Blazevic, dem kroatischen Trainer Irans, war im Lauf des Spiels hingegen der Realitätssinn abhanden gekommen. „Die Iren haben allen Grund zu glauben, dass sie zurzeit das beste Team in Europa haben“, erzählte er nach dem Spiel der staunenden Öffentlichkeit, „aber wir glauben, dass wir die beste Mannschaft Asiens sind, und Asien ist ein größerer Kontinent als Europa. Daraus kann jeder seine eigenen Schlussfolgerungen ziehen.“

Es wäre fatal, hätte Blazevic Recht. Wenn das die besten Fußballer waren, die beide Kontinente zu bieten haben, sollte man in Zukunft zum Cricket gehen. Dass nicht mehr als zwei Tore gefallen sind, lag keineswegs an soliden Abwehrketten, sondern am Unvermögen beider Sturmreihen. Die iranischen Verteidiger rannten sich mehrmals gegenseitig über den Haufen, ohne dass sie dafür mit weiteren Toren bestraft wurden, die Iren verdanken es ihrem Torwart Shay Given, dass das Spiel nicht unentschieden ausging.

Dabei fror er in der ersten Halbzeit wegen Arbeitsmangel, während sein Gegenüber Ebrahim Mirzapour aufgrund seiner exzentrischen Faustabwehrtechnik drei Mal den Arzt aufs Spielfeld rufen musste. Eine echte Torchance hatten die Iren, die es ein ums andere Mal vergeblich mit hohen Flanken versuchten, nicht herausgespielt, bis Rahman Rezaei wenige Sekunden vor dem Halbzeitpfiff Jason McAteer im Strafraum die Beine wegzog. Den Elfmeter verwandelte Verteidiger Ian Harte – seine einzig erwähnenswerte Leistung an diesem Abend.

Nach der Pause begannen die besten zehn Minuten der irischen Mannschaft. Nach einem sehenswerten Angriff und einer schwachen Kopfabwehr trumpfte der Ball vor Robbie Keane auf, der ihn in der 51. Minute aus 20 Metern Entfernung ins Netz jagte. Das Tor weckte die iranische Mannschaft auf, die nun merkte, dass mit der irischen Abwehr nicht viel los ist. Zwei Mal ließ Ali Karimi die Verteidiger stehen und tauchte alleine vor Given auf, der jedoch beide Male blitzschnell reagierte und Irlands Hoffnungen auf die WM-Qualifikation am Leben hielt.

Ob die Iren in drei Tagen vor 120.000 Zuschauern im Teheraner Azedi-Stadion die Nerven behalten, muss sich allerdings erst erweisen. Aus Irland werden nicht viele Schlachtenbummler anreisen. Die iranische Botschaft in Dublin hat zwar 1.400 Anfragen irischer Fans beantwortet. Ein Botschaftsangestellter sagte aber, die meisten wollten wissen, ob es im Iran tatsächlich keinen Alkohol gebe. Ein Reiseveranstalter bringt die irischen Schlachtenbummler vorsichtshalber auf Zypern unter, damit sie nicht auf dem Trockenen sitzen. Zum ersten Mal seit der islamischen Revolution 1979 dürfen Frauen ins Stadion – allerdings nur irische. Der iranische Fußballverband hat eine Ecke im Stadion für 300 Irinnen reserviert. Bis gestern haben allerdings nur fünf die Reise gebucht. Der iranische Verband begründete die Ausnahmeregelung für die Irinnen: „Sie sprechen kein Farsi und verstehen daher die Flüche der iranischen Männer nicht.“ Möglicherweise werden es am Donnerstag die Irinnen sein, die am lautesten fluchen. RALF SOTSCHECK