kriegsbeteiligung
: Rot-Grün vor dem Aus

Dies ist ein Nachruf auf Rot-Grün. Acht grüne Bundestagsabgeordnete haben sich am Wochenende festgelegt, „eine direkte oder indirekte Beteiligung am Krieg in Afghanistan“ abzulehnen. Damit steht schon jetzt, unabhängig von weiteren Abweichlern aus dem Regierungslager, fest: Kanzler Schröder wird bei der Bundestagsabstimmung über die Bereitstellung deutscher Soldaten für den Afghanistankrieg am kommenden Donnerstag keine Regierungsmehrheit erreichen. Das ist das Ende des rot-grünen Regierungsprojekts – nicht das sofortige, aber das absehbare.

Kommentarvon EBERHARD SEIDEL

Bereits seit dem Mazedonien-Beschluss im September regiert Bundeskanzler Schröder in Wirklichkeit mit zwei Koalitionen: einer rot-grünen für die zivilen Projekte und einer großen Koalition für die militärischen. Eine Schizophrenie, die der Kanzler nicht lange durchhalten kann, ohne ernsthaft in seiner Handlungsfähigkeit eingeschränkt zu werden. Aus dem Dilemma könnte ihn allenfalls ein schnelles Ende des Afghanistankrieges retten. Doch dafür spricht wenig, und noch längst ist nicht klar, ob Afghanistan der letzte Kriegsschauplatz sein wird.

Nicht viel mehr als ein Pfeifen im Keller ist es, wenn Schröder im Moment recht kleinlaut meint: Nicht eine Regierungsmehrheit sei bei diesem in der Bevölkerung höchst umstrittenen Einsatz ausschlaggebend, sondern eine klare parlamentarische Mehrheit. Wirklich?

Grüne Bundestagsabgeordnete können mit Verweis auf ihr Gewissen aus der Bündnissolidarität und ihren unpopulären Folgeverpflichtungen ausscheren, Schröder und auch Fischer können dies schon aus Gründen der Staatsräson nicht. Als Kriegskanzler braucht Schröder folglich einen verlässlicheren Koalitionspartner, als die Grünen dies sein können. Partner, die bereit sind, seinem vorgegebenen Kurs der „bedingungslosen“ Solidarität mit den USA zu folgen.

Ein letztes Wort zu den Grünen: Egal, wie sie sich in den nächsten Wochen in der Frage Krieg und Frieden entscheiden werden, sie werden in jedem Fall verlieren. Bleiben sie in der Koalition und tragen den Kriegskurs der Regierung gegen den Willen der Mehrheit der Parteibasis mit, werden sie bei der nächsten Bundestagswahl ein Ergebnis erzielen, das erneute Koalitionsverhandlungen in weite Ferne rückt. Lassen sie in den nächsten Wochen die Koalition platzen, war’s das mit Rot-Grün und der postmodernen Ein-Generationen-Partei Bündnis 90/Die Grünen.

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