Die berittene Meldestaffel des Protests

Etwa 50 Biker aus der ganzen Republik stellen sich, wann immer der Castor rollt, in den Dienst der Bürgerinitiative. Sie überbringen Nachrichten, umfahren Polizeisperren. Einer der Aufrechten ist der Wendländer Volker Meyer

DANNENBERG taz ■ „Nicht am Telefon“, sagt Idas. Idas ist der Sohn des messenischen Königs Aphareus. Und Idas ist der, der einst den Castor erschlug. Gut, also nicht am Telefon.

„Für mich ist Motorradfahren eine Form von freiheitlichem Dasein“, sagt Idas. Mit bürgerlichem Namen heißt Idas Volker Meyer. Der Protest gegen den Castor wurde dem 37-jährigen Baustatiker in die Wiege gelegt: Erstens ist Meyer im Wendland geboren, zweitens haben seine Eltern schon vor einem Vierteljahrhundert gegen „den Atomstaat“ protestiert. Meyer sagt: „Ich liebe das Wendland“. Sein Motorrad liebt er auch. Meyer hat seine Schlüsse gezogen. Das Ergebnis ist Idas – die „berittene“ Meldestaffel des Protests.

Eine Botschaft für ein Camp? Eine Streckeninformation? Ein Gerücht, das es zu prüfen gilt? Meyer schmeißt seine 350er XT Enduro an und düst los. Von Usedom bis Phillipsburg – etwa 50 Biker aus der ganzen Republik stellen sich, wann immer der Castor rollt, in den Dienst der Bürgerinitiative. Seit 14 Tagen ist Meyer im Einsatz. Diesmal sind nämlich nicht alle Idase vor Ort. „Viele haben ihren Castor-Urlaub schon im März gemacht.“ Man könne sich ja ausrechnen: „Wenn Politik und Polizei zwölf Transporte im Jahr machen würden, hätten sie gar keinen Widerstand mehr.“ Aber diesen Kopf muss er sich ja nicht machen. „Solange so viele Leute im Wendland protestieren, dass 18.000 Polizisten den Castor schützen müssen, ist der Transport zu teuer. Politisch und fiskalisch.“

Bis vor einem Jahr hat Idas auch Pressevertreter für die BI transportiert. Nachher war er nur noch wütend: „Die haben die Bilder der Polizeigewalt einfach nicht gezeigt. Wir haben bei der Auswertung festgestellt, dass diese Brutalität nicht gezeigt wird.“ Meyer glaubt an Selbstzensur der Medien. Und da will er nicht mitmachen. Medien fährt er nicht mehr.

Auf die Grünen ist Meyer, wie viele Wendländer, auch ziemlich sauer. „Die eigenen Leute spucken einem ins Essen“, sagt er und meint damit Bundesumweltminister Trittin. „Der Jürgen hat noch vor vier Jahren neben uns auf der Straße gesessen. Heute fliegt er per Hubschrauber ein, um sich den Endlager-Salzstock erklären zu lassen.“ Die früher gegen den Atomstaat polemisierten, würden ihn heute ausbauen.

Idas, erklär doch mal, warum das nicht am Telefon? „Wir sind die harmlosesten Leute überhaupt“, sagt Meyer. Nicht mal mit der Verkehrspolizei sei er bislang in Konflikt gekommen. Die „Behörde für Staatssicherheit“ – so nennt Meyer den Bundesnachrichtendienst – sieht das aber offenbar anders. Meyer ist sicher, dass Idas observiert wird. „Der Anwalt von Klaus und Konny hat beispielsweise in Akten Belege dafür gefunden, dass sie abgehört wurden, vier Jahre lang.“

Gern und oft würde die Polizei versuchen, Idas zu unterwandern. Am Sonntag zum Beispiel. Da haben sich fünf Biker der Truppe angeschlossen. Wogegen Idas prinzipiell nichts hat. „Die kamen aber mit sauberen Enduros. Jetzt! Wo die Saison auf ihrem Höhepunkt ist!“ Misstrauisch machte Idas auch die Fahrkünste der fünf Neuen, die Meyer bei „nahe null“ ansetzt. Als dann eine ihrer Maschinen ausfiel, gesellten sich zum Anfangsverdacht auch noch „null Schraubkünste“. Idas hat daraufhin die neuen Biker ausgeladen. Gestern will Meyer einen der fünf in einer Polizeiuniform gesehen haben.

Idas, der, der den Castor erschlug, die berittene, vom Staat gefürchtete Elite des Protestes? „Ach wo“, sagt Meyer. Leute wie BI-Sprecher Wolfgang Ehmke müssten sich ganz anderer Dinge erwehren. Eins aber steht für den Idas Meyer fest: „Es gibt kaum jemanden, der Protest und Hobby so gut verbinden kann wie wir.“ Aus dem Wald kommt Arnd, ein anderer Idas, geprescht. Seine Aufgabe war es herauszufinden, ob der Weg nach Hitzacker schon frei ist. Arnd meint auch: „Sobald mehr als drei Idas-Motorräder auf einem Haufen sind, haben wir einen Verfolger.“ NICK REIMER