„Überraschung“

■ DAK-Studie zur Doppelbelastung zeigt: Job und Kinder machen Frauen nicht krank

Nun ist es raus: Was bisher Doppelbelastung hieß, muss in „doppelte Herausforderung“ umgetauft werden. Das jedenfalls findet Hans-Dieter Nolting vom Berliner Institut für Gesundheits- und Sozialforschung (IGES), das im Auftrag der Deutschen Angestellten Krankenkasse (DAK) 2664 Frauen zu ihrer Situation mit Beruf und Familie befragt hat. Dass Job und Kinder krank machen, hat die Studie jetzt widerlegt.

„Das Ergebnis war für uns überraschend“, sagt Eckhard Schupeta, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Kasse: Neun von zehn Müttern bezeichnen ihren Beruf als Bereicherung und möchten ihn trotz Kindererziehung nicht missen. Und – auch das ergab die Studie – berufstätige Mütter sind gesundheitlich nicht stärker belastet als ihre kinderlosen Kolleginnen. Im Gegenteil: Psychisch geht es ihnen sogar besser als kinderlosen Berufstätigen.

Das gilt allerdings nicht für Frauen, die Job und Kindererziehung allein meistern. Bei denen besteht akuter Handlungsbedarf: Jede Fünfte von ihnen leidet unter Depressionen, jede Zweite unter Mattigkeit, Reizbarkeit, innerer Unruhe, jede Dritte unter Schlaflosigkeit. Bei vielen Alleinerziehenden treten mehere Symptome auf.

Die DAK hatte die Studie in Auftrag gegeben, weil der Krankenstand bei Frauen seit Jahren höher ist als bei Männern, selbst wenn man Ausfälle wegen Schwangerschaftskomplikationen abzieht: Frauen waren im vergangenen Jahr 13,4 Tage krank geschrieben, Männer 12,3 Tage. Die Studie hat nun belegt, dass daran die Doppelbelas-tung offenbar nicht schuld ist. Sie hat allerdings auch ergeben, dass 30 Prozent der befragten Frauen mit Job und Kindern sich „immer oder oft stark belastet“ fühlen und weitere 35 Prozent dieses Gefühl manchmal haben. Und auch die Rahmenbedingungen für die bundesweit rund 5,6 Millionen berufstätigen Mütter von minderjährigen Kinder sind nicht optimal: Die Hälfte der Befragten wünscht sich längere Öffnungszeiten der Kitas. Jede Dritte träumt von flexibleren Arbeitszeiten und jede Fünfte von mehr Hilfe durch Männer und andere Menschen.

Die Antwort auf die Frage, wa-rum Frauen ein wenig häufiger krank geschrieben sind als Männer, liegt also woanders: „Frauen achten mehr auf ihren Körper, gehen eher zum Arzt und verschleppen weniger“, vermutet Schupeta. Vielleicht ist das auch die Antwort auf die Frage, warum Frauen länger leben. Sandra Wilsdorf